Helmut Denk wird den Gürtel der ÖAW ab 2012 deutlich enger schnallen müssen.

Foto: Corn

Wien - Das Wort "Revolution" fiel am Freitagvormittag in der altehrwürdigen Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) nicht nur einmal. Tatsächlich handelt es sich bei der Leistungsvereinbarung (LV), die am Freitag zwischen der Akademie der Wissenschaften und dem Wissenschaftsministerium unterzeichnet wurde, um die wohl markanteste Zäsur in der langen Geschichte der Gelehrtengesellschaft.

Ähnlich wie beim halb vollen beziehungsweise halb leeren Glas kann man diese Revolution sehr unterschiedlich sehen, wie sich am Freitag bei der Pressekonferenz zeigte: Der Part des Optimisten kam in dem Fall Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle zu: Für ihn (und die ÖAW) biete die für die Jahre 2012 bis 2014 vereinbarte Leistungsvereinbarung jedenfalls den Vorteil der Planungs- und Finanzierungssicherheit, zugleich führe sie auch zu einer "Durchforstung und Straffung der gesamten Einrichtungen der Akademie".

ÖAW-Präsident Helmut Denk sah die Sache naturgemäß etwas anders, zumal die Leistungsvereinbarung auf eine "reale Kürzung" seines Budgets hinauslaufe. Insgesamt erhält die ÖAW in den nächsten drei Jahren ein Globalbudget in der Höhe von rund 224 Millionen Euro. Die daraus entstehende "Deckungslücke" betrage 38 bis 40 Millionen, die sich aufgrund von Verpflichtungen aus der Vergangenheit und höheren Personalkosten ergebe.

Das wiederum bedeute, dass etwa 300 Vollzeitstellen gefährdet sind, wie der neue ÖAW-Finanzdirektor Peter Lotz klarstellte. Bereits seit einiger Zeit laufen Verhandlungen mit den Universitäten, um durch Übertragung von Akademie-Einrichtungen zumindest rund 100 Mitarbeiter universitär "aufzufangen".

Schlanker und konzentrierter werden jedenfalls auch die Strukturen der ÖAW, um die bisherigen Stärken zu bündeln: In der LV wurden sechs Forschungsgebiete (Demografie, Pflanzengenetik, Biomedizin, Angewandte Mathematik, Quantenphysik und Europäische Identitätsforschung) festgelegt, in denen die ÖAW künftig schwerpunktmäßig arbeiten soll.

Damit einher gehe, dass die derzeit 63 Forschungseinrichtungen der ÖAW auf 22 Institute konzentriert werden, sagte Vizepräsident Arnold Suppan. Welche Institute geschlossen werden müssen, ist Präsident Denk allerdings noch nicht klar. Mit anderen Worten: Die Revolution ist beschlossene Sache, die schmerzliche Knochenarbeit ihrer Umsetzung hat aber gerade erst begonnen. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 5./6. 11. 2011)