Auf 20 Zentimeter langen Beinen kommen die Hightech-Spinnen daher - vorerst nur als Prototypen. In Zukunft könnten sie für den Menschen unzugängliches Terrain.

Foto: Fraunhofer IPA

In "Runaway" beschert ihnen Michael Crichton bereits 1984 einen - wenn auch noch reichlich unbeholfenen - Auftritt, in Steven Spielbergs "Minority Report" von 2002 huschen sie zwar nur auf drei Beinen daher, bewegen sich dafür aber schon wesentlich agiler: Die Rede ist von Roboter-Spinnen. Nun haben Forscher vom deutschen Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA die mechanisch-elektronischen Arachniden Realität werden lassen.

Nicht nur die äußerliche Erscheinung, vor allem den Antrieb haben sich die Wissenschafter von der Spinne abgeschaut, denn die im 3D-Druckverfahren gefertigten Leichtgewichte bewegen sich nach einem ähnlichen Prinzip umher. Noch liegt der Hightech-Helfer als Prototyp vor, doch künftig soll er seinen Dienst als Erkundungswerkzeug in für Menschen nur schwer zugänglichen oder gefährlichen Umgebungen versehen. Nach Naturkatastrophen, Industrie- oder Reaktorunfällen oder bei Feuerwehreinsätzen kann er die Rettungskräfte unterstützen, indem er etwa Live-Bilder überträgt oder Gefahrenquellen wie austretendes Gas aufspürt.

Hydraulisches Krabbeln

Mit ihren langen Extremitäten kann sich die Spinne auf vielfältige Weise fortbewegen. Manche Exemplare sind sogar fähig zu springen. Dies gelingt ihnen durch hydraulisch betriebene Faltenbälge, die als Gelenke dienen und für die Beweglichkeit der Glieder sorgen. Da den Tieren Muskeln für das Strecken der Beine fehlen, bauen sie im Körper hohen Druck auf, mit dem sie Flüssigkeit in die Gliedmaßen pumpen. Schießt die Flüssigkeit in die Beine, werden sie gestreckt.

"Wir haben uns dieses Fortbewegungsprinzip zunutze gemacht und auf unseren bionischen, per Computer gesteuerten Leichtbauroboter angewandt", erläutert Ralf Becker, Wissenschafter am IPA in Stuttgart. Die acht Beine und der Körper des Roboters seien ebenfalls mit elastischen Faltenbälgen ausgestattet, bewegt werden die künstlichen Glieder allerdings pneumatisch, so Becker. Die für den Antrieb erforderlichen Bauteile wie Steuerungseinheit, Ventile und Kompressorpumpe befinden sich im Körper, der je nach Anwendung unterschiedliche Messgeräte und Sensoren tragen kann. Scharniere ermöglichen im Zusammenspiel mit den Faltenbälgen die Vorwärts- und Drehbewegungen der Beine. Die sich diagonal gegenüberliegenden Glieder bewegen sich gleichzeitig. Durch Biegen der vorderen Beinpaare wird der Körper gezogen, durch Strecken der hinteren Extremitäten wird er geschoben.

Spinne aus dem 3D-Drucker

Die Besonderheit des Hightech-Helfers: Er ist nicht nur sehr leicht, sondern vereint sowohl starre als auch elastische Formen in einem Bauteil und lässt sich mit wenigen Fertigungsschritten kostengünstig herstellen. Bislang wurden Konstruktionen wie der Laufroboter mit konventioneller Maschinenbautechnik gefertigt - ein zeitaufwändiges und teures Unterfangen. Die Forscher am IPA hingegen setzen auf generative Fertigungstechnologien, konkret auf das selektive Lasersintern (SLS) von Kunststoffen, einem 3D-Druckverfahren.

Bei der Methode werden Schritt für Schritt dünne Schichten eines feinen Polyamidpulvers übereinander aufgetragen und mithilfe eines Laserstrahls in Form geschmolzen. So lassen sich komplexe Geometrien, innere Strukturen und Leichtbauteile herstellen - mit ähnlich optimalen Strukturen, wie man sie in der Natur beobachten kann. Die Experten am IPA können ihren Laufroboter flexibel konstruieren, also etwa die Beinmodule für eine bestimmte Belastung stufenlos auslegen.

"Per SLS können wir ein oder auch mehrere Beine in einem Durchgang herstellen, wir minimieren den Montageaufwand, sparen Material ein und reduzieren die Bauzeit. Durch die modulare Bauweise lassen sich einzelne Teile schnell austauschen. Unser Roboter lässt sich so preiswert fertigen, dass er nach einmaligem Gebrauch entsorgt werden kann - wie ein Einmal-Handschuh", sagt Becker. (red)