Man muss nichts über ein Fahrrad wissen um eines zu bauen. Zweieinhalb Tage dauert es, bis das neue Rad fertig ist, und es ist nicht irgendein Rad, sondern eines, das zum größten Teil aus dem Lieblingsessen des Pandabären besteht: Bambus. Ein Material, das in Asien seit Jahrhunderten für Bau und Design eingesetzt wird.

Fotos: bambooride

Mit ihren High Tec-Bambusrädern bringen die Masterminds von Bambooride, Alex Bergner und Matthias Schmidt, seit März 2011 Design, Nachhaltigkeit und Fair Trade auf die Straßen des Landes. Die Rahmen werden in Handarbeit in einer Werkstatt im Ghanesischen Accra gefertigt und in Wien-Purkersdorf bestückt, wo sie im Bambooride-Verkaufslokal über den Ladentisch wandern.

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Zur Gründung von Bambooride reisten Alex (rechts im Bild) und Matthias in die Plantagen nach Ghana. "Das Schwierigste war, den richtigen Bambus zu bekommen. Ghanesischer Bambus neigt, im Gegensatz zu den meisten anderen, nicht zu Rissen."

Alex widmet sich bereits seit vielen Jahren dem Bau von Fahrrädern. Auf den Werkstoff Bambus ist er bei den Recherchen zum Bau eines Rücken-zu-Rücken-Tandems gekommen. Es gibt weltweit mehrere Personen, vorwiegend  aus dem High End-Bereich, die mit dem Bambusfahrrad ein Experiment gewagt haben. So kann Alex auf einen industriellen Erfahrungsschatz zurück greifen...

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... der an Ibrahim weitergegeben wird - der Mann, der für die Rahmen verantwortlich ist. In seiner Werkstatt in Accra fertigt er sie in Handarbeit und fast ausschließlich aus regionalen Produkten. Rund 30 Arbeitsstunden stecken in einem Rahmen. "Wir selbst könnten das von unserer Kapazität her nicht leisten", erklärt Alex, der wie sein Kompagnon Matthias in einem Full Time-Job tätig ist. Sämtliche Teile, außer dem Bambus, sowie alle Werkzeuge schickt Alex zu Ibrahim nach Ghana. Die fertiggestellten Rahmen verschickt Ibrahim nach Purkersdorf zurück...

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.. ebenso den Bambus für die Workshops. "Die Teilnehmer brauchen so um die zwei Stunden, bis sie die richtigen Stücke für das eigene Rad gefunden haben", erzählt Alex. "Jeder Rahmen wird einzigartig, dunkler oder heller, dicker oder dünner."

Fotos: Markus Santruschitz

Doch zuerst nimmt das neue Fahrrad unter der Anleitung von Alex seinen Beginn am Computer. In einer Vorbesprechung eine Woche vor dem Baubeginn, wird es entworfen. Größe, Geometrie, Komponenten, ästhetische Vorstellungen und die geplante Verwendung fließen mit ein.

Fotos: Markus Santruschitz

Das Ergebnis schaut so oder ähnlich aus. Für jeden Workshopteilnehmer zeichnet Alex einen eigenen Plan. "Vom Bahnrad bis zum Touringrad - möglich ist eine große Auswahl an klassischen Diamantgeometrien", erklärt er. Die einzigen Modelle, die nicht in Bambus realisierbar sind, sind Räder ohne Oberrohr, wie etwa ein Klapprad.

Fotos: Markus Santruschitz

Die wenigen für das Fahrrad unabdingbaren Metallteile werden von Alex selbst konstruiert.

Fotos: Markus Santruschitz

Aufbau der Rahmenlehre: In dieses "Fenster" wird der Rahmen eingespannt, damit das Fahrrad ganz gerade wird und fahrtauglich ist. Die Bambusfahrräder entsprechen übrigens den vorgeschriebenen Sicherheitsstandards, sind damit straßentauglich.

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Sogenannte "Muffen" - Puffer aus Kunststoff - werden an den Metallteilen angebracht. Ein Workshopteilnehmer schneidet die Rundung für das Sattelrohr aus.

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Zuschnitt des Bambusrohres für den Rahmen.

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Der Bambus wird aufgerauht, damit der Kleber besser hält. Dann beginnt das Zusammenfügen der Einzelteile zu einem Rahmen.

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Jetzt ist das Fahrrad zum ersten Mal in seiner Form erkennbar.

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Was vorher ein Schaumstoffklotz war, ist nun ein mit Epoxidharz und Glasfasern überzogenes geformtes Teil. Workshopteilnehmer Nick schleift die Kunststoffmuffen so lange, bis sie hübsche Wickelkörper sind...

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... und klebt Bambusteile, die nicht pickig werden sollen, mit Küchenfolie ab.

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Als nächstes wickelt er Carbonfaser auf eine Zwirnspule, damit sie in handlicher Größe verfügbar ist.

Fotos: Markus Santruschitz

Jetzt gehts los: Alex und Nick wickeln die Carbonfaser über die Schaumstoffverbände. Das gewährleistet Stabilität. "Ohne Carbonfaser gehts bei den Workshoprädern nicht. Unsere Verkaufsräder sind dagegen mit Hanf- oder Sisalseilen gewickelt. Dafür braucht es viel an handwerklichem Können." Über das Ibrahim in Ghana verfügt.

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Über Nacht härtet die Carbonfaser, dann wird der Rahmen abgeschliffen. "Das ist extrem abhängig von der Luftfeuchtigkeit und Temperatur", berichtet Alex. In seiner Werkstatt herrschen immer konstante Werte.

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Nun folgt noch der Feinschliff...

Fotos: Markus Santruschitz

... und fertig ist der Rahmen. Zwischen 2,5 und 2,8 Kilo wiegt er. Dazu kommt noch das Gewicht der Komponenten. Der Rahmen wird lackiert, so hält er dem österreichischen Klima stand. "Es gibt Leute, die mit geölten Bambusrädern fahren, aber ich persönlich bin jemand, der sein Rad nehmen und einfach losfahren will", verweist Alex auf intensiven Pflegeaufwand. Bei seinen Rädern ist ein Besuch in der Werkstatt nur dann nötig, wenn der Lack gröber beschädigt ist und ausgebessert werden muss.

Fotos: Markus Santruschitz

Jetzt fehlen noch Sattel, Bremsen, Gangschaltung, Pedale etc. Die Komponenten können über Bambooride bestellt werden, "manche Leute nehmen die Komponenten von ihrem alten Fahrrad mit", berichtet Alex, "aber wenn sie dann den Rahmen gebaut haben, entscheiden sie sich doch für neue und oft recht kostspielige Teile." In vier Stunden sind alle Komponenten eingebaut.

Foto: bambooride

Mit einem fahrbereiten Rad kommt man aus dem Workshop raus. Bei diesem Modell sind die Muffen weiß lackiert, so wird das Schwarz der Kohlefaser überdeckt. Auf 510 Euro belaufen sich die Kosten für den zweieinhalbtägigen Workshop, inklusive Material, exklusive Komponenten.

Foto: Markus Santruschitz

Zwölf in den Workshops entstandene Bambusräder sind derzeit in Wien unterwegs. Ob sich die jungen Unternehmer für einen Bambusrad-Boom wappnen? "Wie viele Bambusräder verträgt Wien?" stellen Alex und Matthias (links im Bild) die Gegenfrage, denn bei diesem Gefährt gehe nicht um Masse sondern um das Besondere. So entwickelt Alex zur Zeit ein Fahrrad fast ganz aus Holz. "Alles, was möglich ist, wollen wir mit natürlichen Rohstoffen ausstatten." (Eva Tinsobin, derStandard.at, 06.11.2011)

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