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Sparen, wo's geht - Laut Budgetexperten, die am Donnerstag im Parlament Auskunft gaben, hat die Bundesregierung dieses Credo noch lange nicht verinnerlicht.

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Wien - Suggestivfragen sind bei Budgethearings im Parlament beliebt. Die Abgeordneten befragen die von ihnen nominierten Experten gerne so, dass die eigene Parteilinie bestätigt wird. Doch nicht immer spielen die Fachleute mit.

Von einer Steuersenkung riet bei der aktuellen Budget-Analyse am Donnerstag etwa der von der ÖVP geladene Wirtschaftsforscher Gerhard Lehner ab, weil eine solche die angepeilte Budgetkonsolidierung gefährde. Dem schwarzen Steuerreform-Grundsatz ("weniger") entspricht das nicht: Finanzministerin Maria Fekter drängt auf eine Entlastung des Mittelstandes.

Spannendes sagte Lehner auch zu einem anderen Reizthema: Für die "erste Verteidigungslinie gegen den Konjunkturabschwung" hält er die "automatischen Stabilisatoren" im Budget und meint damit die Arbeitslosenversicherung sowie die auch von ÖVP-Seite viel kritisierten Steuerzuschüsse für die Pensionen. Letztere seien in Folge von Arbeitslosigkeit und entfallenen Beiträgen in der Krise natürlich gestiegen - und das sei auch sinnvoll, sagt Lehner. Jähe Einschnitte wären in dieser Situation falsch, weil sie die Kaufkraft und damit das Wirtschaftswachstum untergraben würden.

Bürsten gegen den Strich

Ebenfalls für "nicht finanzierbar" hält der von der SPÖ geladene Experte Markus Marterbauer eine reine Steuersenkung; um etwaige Wohltaten zu bezahlen, plädiert er für höhere Steuern auf "Vermögensbestand", die Nachfrage und Beschäftigung nicht dämpfen würden. Doch auch Marterbauer bürstet gegen den Strich der "eigenen" Partei: Das vorgelegte Budget "reagiert nicht ausreichend auf die steigende Arbeitslosigkeit", kritisiert er und vermisst Investitionen in neue Jobs, etwa in der Pflege und der Kinderbetreuung: Die von der Regierung gesetzten Akzente fielen "zu gering" aus.

Dass Staatsausgaben wie diese mehr Beschäftigung schafften, stellte Barbara Kolm, Generalsekretärin des Hayek-Instituts, glatt in Abrede, ohne das Gegenargument auszuführen. "Sparen, sparen, sparen", empfahl der FPÖ-Gast, und eine "Schuldenbremse" in der Verfassung. "Kleine, feine Ansätze" sieht Kolm, aber keine umfassende Strukturreform.

"Deckungsgleich" in vielen Kritikpunkten argumentiert BZÖ-Gewährsmann Michael Jäger, Generalsekretär des europäischen Steuerzahlerbundes: Er fordert "Personalabbau" sowie Einschnitte bei Pensionen und Bürokratie.

Dass die Regierung nicht alle Reformmöglichkeiten ausschöpfe, blieb einer der wenigen gemeinsamen Nenner der Experten. Im Gegensatz zu Schwarz-Blau/Orange verlängerte Grün-Experte Bruno Rossmann die "Liste der Versäumnisse" allerdings um verschlafene Investitionen: Rechne man die Inflation ein, müssten Unis und Schulen Budgetkürzungen schlucken, die angepeilte Forschungsquote werde verfehlt - "und der Ausbau der Kinderbetreuung ist ein Tropfen auf dem heißen Stein". (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 4.11.2011)