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Eine massive Verlagerung des Verkehrs auf die Straße durch die geplanten Zugstreichungen auf der Strecke Graz-Salzburg ist laut Studie des Institutes für Geografie an der Universität Graz zu befürchten.

Foto: Oliver Lang/dapd

Graz – Eine massive Verlagerung des Verkehrs auf die Straße durch die geplanten Zugstreichungen auf der Strecke Graz-Salzburg ist laut Studie des Institutes für Geografie an der Universität Graz zu befürchten. Studienautor Christian Kozina rechnet mit mindestens 100.000 und bis zu 400.000 zusätzlichen Autofahrten jährlich auf der Strecke. Regionalzüge als Ersatz für den bisherigen IC-Zwei-Stundentakt würden keinen adäquaten Ersatz darstellen.

Bisher bestand für Fahrgäste auf der Zugstrecke Graz-Salzburg ein Zwei-Stunden-Takt mit Anschluss nach Linz, Innsbruck und Vorarlberg. Die geplante Streichung von vier der sieben Zugpaare ab dem 12. Dezember würde – auch wenn ein Teil durch noch diskutierte zusätzliche REX-Verbindungen (Regional Express) kompensiert wird – eine Dynamik entfachen, die das Bahnfahren immer weniger attraktiv macht, so Kozina.

Wenn sich durch die Zugstreichungen die Fahrzeiten durch den Umstieg auf Regionalzüge verlängern und sich für die Fahrgäste die zeitliche und räumliche Flexibilität verschlechtert, würden persönliche Mobilitätsentscheidungen "prinzipiell neu überdacht", so Kozina: Im besten Fall würden 75 Prozent der Fahrgäste der gestrichenen Züge andere Verbindungen nutzen, der Rest würde aufs Auto umsteigen. Das würde rund 100.000 zusätzliche Autofahrten jährlich ergeben.

Bis zu 400.000 zusätzliche Autofahrten

Bei 90-prozentigem Umstieg hieße das 400.000 zusätzliche Autofahrten – aufgeteilt auf die einzelnen Abschnitte. Feinstaub, Staus und Lärm wurden sich "deutlich erhöhen". Im Tourismus seien Wertschöpfungsverluste von zehn bis 20 Millionen Euro zu befürchten. Hinzu kämen Kosten für Unfälle, Umwelt- und Klimaschäden. Kozina sprach von 1,7 Mio. Euro.

Während die ÖBB durchschnittlich durchgehend 32 Fahrgäste kolportiert, geht Kozina für seine Berechnungen der ökonomischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen der geplanten Zugstreichungen von durchschnittlich 150 Zugbenützern aus. "Die Zahl der durchgehend fahrenden Kunden ist vielleicht richtig, aber für die Berechnungen irrelevant. Die Züge bilden das Rückgrat für die Anbindung aller an der Strecke liegenden Orte und sind nicht nur für Fernreisende zwischen Graz und Salzburg reserviert", begründete Kozina.

ÖBB dementiert

Die ÖBB kann die Ergebnisse der Studie nicht nachvollziehen. Die Autoren würden sich auf bis zu 400.000 zusätzliche Autofahrten auf der Strecke zwischen Graz und Salzburg im Jahr beziehen: "Das entspricht täglich weit über 1.000 PKW-Fahrten pro Tag. Diese Zahl ist für die ÖBB nicht nachvollziehbar, da die derzeitigen Frequenzwerte auf diesen Zügen weitaus geringer sind als die angegebenen Daten", so die ÖBB in einer Aussendung.

Aufgrund der geringen Auslastung zwischen Graz und Salzburg seien aus wirtschaftlichen Überlegungen Anpassungen im Fahrplan erforderlich. Die ÖBB hätten einen Vorschlag für Zusatzleistungen zur Verbesserung des geplanten Grundangebotes zwischen Salzburg und Graz an die Länder übermittelt. Ziel sei es, die sechs Direktzüge pro Tag durch direkte Zusatzzüge am Wochenende (Fr, Sa, So) zu ergänzen. Zudem beinhalte der Vorschlag von Montag bis Donnerstag Schnellzüge in Teilstrecken. Es komme weder zu massiv längeren Fahrzeiten noch zu mehr Stopps: "Die geplanten Schnellzugsverbindungen behalten die gleichen Haltemuster der bisher eingesetzten IC bei. Die Fahrtzeit des IC zwischen Graz und Salzburg betrug bis dato 4 Stunden und 7 Minuten. Die ersatzweise geplanten Schnellzüge fahren in einer Zeit von 4 Stunden und 11 Minuten von Graz nach Salzburg. Der neue Umstieg in Bischofshofen führt aufgrund des bisherigen Aufenthalts von 10 Minuten zu keinem zeitlichen Verlust. Der Unterschied beträgt also lediglich 4 Minuten in der Fahrtzeit. Dass diese 4 Minuten dazu führen sollen, dass angeblich 25 bis 90 Prozent der Fahrgäste von der Schiene auf die Straße wechseln werden, ist nicht logisch und wissenschaftlich nicht erklärbar", so die ÖBB.

Schützenhilfe

Der Grazer Geograf spricht sich grundsätzlich für die Beibehaltung des bisherigen Zwei-Stunden-Taktes aus. Er bekam Schützenhilfe von Peter Veit, Leiter des Instituts für Eisenbahnwesen der TU Graz, der das "Zielnetz 2025+" mit dem geplanten integrierten Taktfahrplan der ÖBB gefährdet sieht: "Bedenkt man, wie schwer es ist, enttäuscht abgewanderte Kunden wieder zurückzugewinnen, dann stellt eine derart massive Reduktion des Angebots das Zielnetz 2025+ infrage", betonte der Experte.

Der Verein "Fahrgast Steiermark" hat für Österreich daher ein Konzept entwickelt, bei dem IC- und REX-Züge zu einem "Interregio"-Zugsystem verschmelzen. Damit wurde nicht nur der Fernverkehr aufrechterhalten, sondern auch regionale Verkehrsbedürfnisse erfüllt. (APA/red)