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Stein des Anstoßes: die Totentafel zu Füßen der Jahn-Büste.

Foto: APA-FOTO: ULRIKE BREIT

Linz - Wenn es nach dem Linzer Bürgermeister Franz Dobusch (SP) ginge, würde die Totengedenktafel "einfach nicht mehr aufgestellt". Nachforschungen des Stadtarchivs haben ergeben, dass auf jener Tafel zahlreiche Nationalsozialisten verewigt wurden. So finden sich neben den Namen von Opfern aus dem Ersten Weltkrieg auch 55 Namen von Gefallenen aus dem Zweiten Weltkrieg. Mehr als die Hälfte dieser Toten war zu Lebzeiten entweder bei der NSDAP, Mitglied der SS oder SA, berichtet der Bürgermeister.

Anfang der 1960er-Jahre hatte der Österreichische Turnerbund (ÖTB) die Tafel am Fuße der Turnvater-Jahn-Büste im Linzer Volksgarten angebracht. Im Zuge des Neubaus des Linzer Musiktheaters gegenüber dem Volksgarten muss auch der Park umgestaltet und Denkmäler versetzt werden. Dabei erteilte der Bürgermeister - die Stadt ist Eigentümerin der unter Denkmalschutz stehenden Jahn-Statue - dem Archiv den Rechercheauftrag. Der Historiker und Leiter des Archivs, Walter Schuster führte die Erhebung durch.

Bereits 1905 wurde die Jahn-Büste im Volksgarten errichtet. In Folge sei das Denkmal mehrmals umgestaltet worden. "1956 findet sich in den 'Mitteilungen der Turngemeinde Jahn, Linz' der Hinweis, dass man an die Anbringung einer Gedenktafel für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Turner denkt", berichtet Schuster. Jene 55 Tote versuchte er zu identifizieren. Dabei habe sich herausgestellt, dass 29 von ihnen "nationalsozialistisch belastet" waren.

Noch kenne das Bundesdenkmalamt das Gutachten nicht, erklärt Klaus Kohout vom Landeskonservatorat Oberösterreich. Grundsätzlich wolle man aber ein Gespräch mit dem Eigentümer führen. Ob die Tafel entfernt wird, könne er derzeit genauso wenig entscheiden wie Dobusch. Der Bürgermeister wird damit den Stadtsenat befassen. (ker, DER STANDARD, Printausgabe, 4.11.2011)