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Die Gehaltserwartung von Frauen und Männern klaffen auseinander

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wie viel darf ich verlangen, was ist meine Arbeit wert? Wenn sie in den Job einsteigen, erwarten österreichische Hochschüler im Schnitt nicht mehr als 30.000 Euro Bruttojahreseinkommen, das sind rund 2100 Euro pro Monat.

Diese Einkommensvorstellungen wirken bescheiden und zurückhaltend im Vergleich mit denen ihrer internationalen Kommilitonen, die meist weit höhere Gehaltserwartungen haben. Hochschüler aus der Schweiz etwa rechnen im Schnitt mit 55.000 Euro jährlich, Dänen mit rund 50.000 Euro und Norweger 45.000 Euro. Polnische Jungakademiker hoffen auf zirka 10.000 Euro, Italiener immerhin auf rund doppelt so viel.

Diese Zahlen stammen aus der Gehaltsstudie von Universum, einem schwedischen Unternehmen, das sich mit Employer Branding, also Arbeitgebermarkenbildung beschäftigt und jährlich eine Liste der weltweit attraktivsten Arbeitgeber publiziert. Im Zuge der Untersuchung wurden Einkommenserwartungen von Studierenden aus insgesamt 16 verschiedenen Länder erhoben.Die geringsten Erwartungen unter allen erhobenen Ländern in der Untersuchung haben chinesische Studierende mit umgerechnet lediglich 5.000 Euro Einstiegsgehalt jährlich.

Ingenieure haben höchste Gehaltsvorstellungen

Die Studie hat nicht nur internationale Vergleiche gezogen, sondern speziell auch österreichische Verhältnisse untersucht. Dafür wurden die Gehaltsvorstellungen von insgesamt 5454 Studenten aus ganz Österreich per Online-Befragung erhoben. Mehr als die Hälfte der Befragten waren Studierende an Fachhochschulen, vor allem aus technischen Richtungen, Wirtschafts- und Naturwissenschaften.

Aus diesen drei Disziplinen haben Naturwissenschafter das geringste Wunschgehalt mit durchschnittlich 28.000 Euro brutto, gefolgt von den Ökonomen die sich im Vergleich dazu rund viertausend Euro mehr erhoffen. Überdurchschnittlich hohe Gehaltsvorstellungen haben Ingenieure und IT-Absolventen mit rund 34.000 Euro im Jahr.

Realistische Einschätzungen der Möglichkeiten

Die Jungakademiker dürften mit ihren Einschätzungen einigermaßen richtig liegen, geht aus dem Employer Branding Report von Career Services Austria hervor, einem Zusammenschluss der universitären Karriereservice-Einrichtungen. Darin heißt es, österreichische Studierende hätten durchaus realistische Gehaltserwartungen, die sich an tatsächlichen Arbeitsmarktchancen orientieren. So haben etwa graduierte Diplom-Ingenieure mit den höchsten Gehaltserwartungen auch tatsächlich die höchsten Einstiegsgehälter. Das erhob eine Studie namens "Update": Vergleich der Einstellgehälter von AbsolventInnen 2011" des "Forum Personal" des Österreichischen Produktivitäts- und Wirtschaftlichkeits-Zentrums (ÖPWZ).

Universitätsabgänger technischer Studienrichtungen könnten ihr zufolge zu Beginn ihrer Karriere mit bis zu 2.700 Euro monatlich rechnen - mehr als Jungökonomen oder Juristen. Allerdings: Das von der Universum-Studie erhobene Wunschgehalt würden die Alumni technischer Studienrichtungen trotzdem nicht erreichen, denn das tatsächliche Gehalt ist um 300 Euro geringer.

Geschlecht spielt wichtige Rolle

Doch unterschiedliche Gehaltsvorstellungen sind nicht nur durch Studienrichtungen festgelegt, sondern auch durch Geschlechter. Laut der Universum-Studie erwarten männliche Befragte ein jährliches Einstiegsgehalt von durchschnittlich rund 35.000 Euro, ihre Kolleginnen hingegen begnügen sich mit siebentausend Euro weniger - das entspricht einer Differenz von 26 Prozent.

Dieser Unterschied hat mit dem Studienfach nichts zu tun. Selbst wenn männliche und weibliche Studierende aus der gleichen Disziplin bezüglich ihrer Wunschgehälter befragt werden, geben Frauen geringere Beträge an. Nur in einigen wenigen Fächern, wie beispielsweise Softwareentwicklung, gibt es keinerlei Unterschiede.

Doch nicht nur die Vorstellung vom Gehalt sind zwischen Männern und Frauen unterschiedlich - auch und vor allem klaffen die tatsächlichen Einkommen auseinander: Hochschulabgängerinnen würden trotz gleicher Abschlüsse und Qualifikationen rund 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen, sagt Bernhard Wundersam, Geschäftsführer von Uniport, des Karriereservices der Universität Wien. Und auch der Frauenbericht vom Vorjahr zeigt, dass Akademikerinnen zwar grundsätzlich im Vergleich zu anderen Frauengruppen mehr verdienen, gemessen an ihren männlichen Kollegen aber immer noch um ein Viertel weniger.

Frauen müssen mehr verhandeln

Die Gründe dafür liegen vor allem darin, dass Frauen schon zu Beginn ihrer Karriere die Höhe des Gehalts weniger verhandeln als Männer, sagt Bernhard Wundsam. Dadurch entstehen Nachteile, die sich im Job nur schwer wieder ausgleichen lassen.

Den Grund für die Bescheidenheit der Frauen sehen Sibylle Hamann und Eva Linsinger, Autorinnen des Buch "Schwarzbuch Männer/Weißbuch Frauen" in der Unfähigkeit der Frauen, ihre eigenen Qualitäten richtig einzuschätzen und diese entsprechend zu verkaufen. "Nur emsig vor sich hin zu arbeiten und darauf zu warten, dass es schon irgendwann einmal auffallen wird - das ist eine der typischen Fallen, in die Frauen tappen", heißt es im Buch.

Männer streben häufiger leitende Positionen an

Oft würden sich Frauen dazu bemüßigt fühlen, explizit zu betonen, wie wenig ihnen Gehalt, Titel und Statussymbole bedeuten. Die beiden Autorinnen sehen darin einen Teufelskreis: Frauen würden weniger leicht nach oben kommen. Und weil sie das wüssten und ungern enttäuscht werden, stellen sie weniger nachhaltige Forderungen - und werden davon erst recht beim Aufstieg gebremst. Die Ergebnisse der Universum-Studie sagen Ähnliches: Frauen gaben häufiger an, Wert auf Aspekte wie Jobsicherheit und Work-Life-Balance zu legen. Männer hingegen gaben an, eher leitende Positionen anzustreben. Männer beginnen ihre Karrieren offenbar mit viel mehr Vertrauen und dem Gefühl, zum Führen geboren zu sein. (Nina Brnada, derStandard.at, 4.11.2011)