Der Set von "Boardwalk Empire" ist ein detailgenauer Nachbau von Atlantic City mitten in Brooklyn. Im Hintergrund blitzt die Skyline von Manhattan hervor.

Foto: Screenshot

Steve Buscemi, der "Pate" aus "Boardwalk Empire".

Foto: Abbot Genser

Den Set aufzubauen dauerte insgesamt nur zweieinhalb Monate, die Vorarbeit ungleich länger. Fotos vom Stadtbild Atlantic Citys in den 1930er-Jahren gebe es nur in Schwarz-Weiß, erzählt Adam Scher, Artdirector der US-Serie Boardwalk Empire. "Die Auswahl der Farben war wirklich eine der Schlüsselentscheidungen." In Magazinen und Zeitschriften wurde Scher fündig, und so gelang es, fast originalgetreu den Sündenpfuhl zur Zeit der Prohibition nachzubauen: Der "echte" Boardwalk war 20 Meter breit, die Serienpromenade, über die Enoch "Nucky" Thompson (Steve Buscemi) und sein Gefolge spazieren, ist nur um sieben Meter kleiner. Gedreht wurde allerdings nicht am Originalschauplatz, sondern in New York, Brooklyn. Und so präsentiert sich das malerische Filmdorf aus dem vorigen Jahrhundert vor den Wolkenkratzern Manhattans, zu sehen auf der Homepage des Seriensenders HBO.

New York boomt als Seriendrehort. Dank begünstigter Steuersätze lagern Kabel- und TV-Stationen ihre Produktionen immer öfter aus dem teuren Hollywood aus und wechseln an die Ostküste.

Ein Dutzend Trucks steht vor dem noblen Hotel Gansevoort im Meatpacking District. Davor stapelt sich Setequipment. Was sie hier drehen? "Keine Ahnung", sagt die Kellnerin im Coffeeshop nebenan. "Immer irgendetwas anderes."

Rekord an TV-Produktionen

In der vergangenen Fernsehsaison verzeichnete die Metropole einen neuen Rekord an TV-Produktionen, berichtet die Los Angeles Times. Gleich 22 Pilotfilme entstanden im Big Apple, im Jahr davor waren es drei. Nicht nur Boardwalk Empire übersiedelte nach New York. Emmy-Preisträgerin Kate Winslet buk in Mildred Pierce Kuchen an der Westküste, gedreht wurde in der Ostmetropole. Nach Sex and the City fanden unzählige weitere Hauptabendserien hier ihre Drehheimat, darunter 30 Rock, Nurse Jackie, The Good Wife, White Collar und In Treatment.

Die Aussichten sind rosig: CBS dreht Person of Interest, eine neue Serie von J. J. Abrams (Lost) in New York. Für MTV entsteht I Just Want My Pants Back, für HBO Girls.

Das traditionelle Filmzentrum auf der anderen Seite des Kontinents versucht sich zu behaupten: 51 Prozent aller Serienpilotfilme werden in Los Angeles produziert, Tendenz fallend. Als zusätzliche Konkurrenten mischen - ebenfalls aus steuerlichen Gründen - Bundesstaaten wie Florida, Georgia und Louisiana sowie vor allem Vancouver in Kanada mit.

Davon alarmiert, zog Kalifornien 2009 nach und gewährt ebenfalls Steuervergünstigungen für Film- und Fernsehproduktionen. 2010 war deshalb erstmals seit langem ein Aufwärtstrend bei Film, TV und Werbeproduktionen zu verzeichnen. New York ist einstweilen noch großzügiger: Sogar Gratispolizeischutz ist inkludiert. (Doris Priesching aus New York, DER STANDARD; Printausgabe, 31.10.2011)