Die Ergebnisse der Sonntagsfrage im Zeitverlauf.

Grafik: DER STANDARD

Linz - Würde jetzt gewählt, müssten beide Regierungsparteien mit Verlusten von jeweils rund zwei Prozentpunkten gegenüber der Wahl von 2008 rechnen. Und ob die Kanzlerpartei SPÖ noch den ersten Platz und damit den Kanzleranspruch halten könnte, ist nicht sicher: Die jüngste Market-Hochrechnung weist je 27 Prozent für die SPÖ und die FPÖ aus. Damit ist die FPÖ zum zweiten Mal seit der Nationalratswahl an die Spitze vorgestoßen - das erste Mal war in diesem Frühsommer infolge der Unsicherheiten in der ÖVP nach deren Obmannwechsel. Danach schien sich die Lage für die Koalition zu stabilisieren, im Sommer sank der hochgerechnete Wert für die FPÖ auf ÖVP-Niveau.

Die in der Vorwoche erhobenen Daten des Linzer Instituts rechnen für die ÖVP aber nur mit 24 Prozent. Parteichef und Vizekanzler Michael Spindelegger würden nur neun Prozent direkt wählen, das entspricht dem Wert, den er auch im Mai bei seiner Bestellung zum ÖVP-Obmann hatte. Auf Nachfrage - Unentschlossene in der Kanzlerfrage werden gefragt, wer am ehesten geeignet wäre - geben weitere sechs Prozent an, dass sie Spindelegger wählen würden. Das ergibt 15 Prozent, zeigt aber auch Unentschlossenheit. Nur knapp jeder zweite ÖVP-Wähler würde Spindelegger wählen.

Allerdings geht es da Werner Faymann in seiner Partei kaum besser - doch kann er (anders als Spindelegger) auch auf Unterstützer in anderen Parteien zählen. Unter den Grün-Wählern findet der Kanzler fast so viel Zustimmung wie Parteichefin Eva Glawischnig. Mit 25 plus zwölf (aus der Nachfrage) Prozent der Befragten kommt der Amtsinhaber in der Kanzlerfrage eindeutig an die Spitze.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erhält in der Kanzlerfrage zehn plus zwei Prozent, liegt also hinter Spindelegger, aber vor der Grünenchefin Glawischnig (sechs plus drei) und BZÖ-Chef Josef Bucher (vier plus null).

Market-Studienleiterin Bettina Müller erklärt das so: "Strache ist keine charismatische Persönlichkeit wie Jörg Haider, auch wenn die FPÖ ihn zum Star stilisiert. Anders als in den 1990er-Jahren, als sich viele gescheut haben, sich zur FPÖ zu bekennen, empfindet es heute niemand als Schande, zur FPÖ zu stehen. Die FPÖ ist auch in den Rohdaten sehr stark - die Stimme für die Blauen ist vor allem auch als Stimme gegen die Koalition, gegen den Stillstand, gegen die Art, wie Regierungspolitik gemacht wird, zu interpretieren."

Die zwei kleinen Oppositionsparteien könnten diese Rolle nur beschränkt besetzen: Die Grünen kommen in der Market-Hochrechnung auf 13 Prozent (zweieinhalb Prozentpunkte mehr als 2008).

Das BZÖ wäre der Verlierer einer vorgezogenen Wahl: Die von Market hochgerechneten fünf Prozent sind weniger als halb so viel wie das 2008 noch von Jörg Haider erzielte Ergebnis (10,7 Prozent) - Peter Westenthaler konnte 2006 auch nur 4,11 Prozent einfahren. Der derzeitige BZÖ-Chef Josef Bucher hatte für seine Partei in den vergangenen Monaten bessere Umfragewerte von typischerweise sechs bis sieben Prozent. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.10.2011)