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Wer geeignete Mittel anwendet, "das Ansehen der Sicherheitsexekutive zu beeinträchtigen" – wie etwa die Karikatur von Uniform oder Wappen –, könnte in Zukunft die Zensurbehörden beschäftigen.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wie viel Respekt braucht die Polizei, um ihren wichtigen und harten Job zu erfüllen? Viel, denn sie soll, wenn sie nach Ausbrüchen von Gewalt für Sicherheit sorgt, mit Unterstützung der Bevölkerung rechnen können. Und da Polizeiarbeit zudem vorbeugend wirken soll - also kriminelle Handlungen tunlichst verhindern -, sollte einem polizeilichen Uniformträger, wo immer er dienstlich auftaucht, größtmögliches Vertrauen entgegengebracht werden.

Insofern ist verständlich, dass Respekt vor der Polizei nicht nur für die BeamtInnen an sich, sondern auch für ihr berufliches Outfit, die Uniform gilt. So, wie es das Sicherheitspolizeigesetz, Paragraf 83a, bestimmt: Wer "außer für szenische Zwecke", öffentlich "Uniformen oder Uniformteile" von Sicherheitsorganen trägt, ohne dazu befugt zu sein, begeht eine Verwaltungsübertretung, die eine Geldstrafe zur Folge hat, steht da.

Ausweitung

Und es ist auch nachvollziehbar, dass diese Regelung jetzt im Rahmen der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz auf "grafische Darstellungen der Sicherheitsbehörden oder Polizeikommanden" ausgedehnt werden soll - zum Beispiel auf das Wappen mit dem Bundesadler und dem Schriftzug "Polizei", das auf den Ärmeln der Uniformen prangt.

Doch warum soll das ohne Mitdenken der Menschenrechte geschehen?

Genau das nämlich prangern Rechtsexperten an. Der Vorschlag für das Sicherheitspolizeigesetz, Paragraf 83b, stelle eine Gefahr für die Meinungsfreiheit dar, kritisiert etwa der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk. Eine bissige Karikatur zu einem Polizeithema samt zeichnerischer Wiedergabe eines Polizeilogos könne - so die Novelle wie derzeit geplant in Kraft tritt - durchaus als geeignet gelten, "das Ansehen der Sicherheitsexekutive zu beeinträchtigen". Die Folge: eine Geldstrafe bis zu 500 Euro. Und auch in vielen anderen Bestimmungen der vorgeschlagenen Novelle erkennen Kritiker polizeistaatliches Denken und entsprechende Zugriffswünsche, über die noch zu berichten sein wird.

Schwammig formuliert

Wie ist das möglich? Es rückt durch den Umstand in den Bereich des Denkbaren, dass die vorgeschlagenen Paragrafen extrem schwammig formuliert sind: Nichts in ihnen oder auch in ihren Erläuterungen schließt menschenrechtswidrige Interpretation aus. So, wie auch der "Antimafia"-Paragraf 278a, der im jahrelangen Tierschützerverfahren zur Anwendung gekommen ist, durch kein haltbares, grundrechtliches Sicherheitsnetz ergänzt wurde, das derlei überschießende Ermittlungen ausgeschlossen hätte - und eine Evaluierung und Änderung der Bestimmung steht nach wie vor aus.

Derlei Sicherheitsnetze jedoch sind unverzichtbar. Man sollte sich von Ministerialbeamten, die Gesetzesvorschläge erarbeiten, eigentlich ein Mitberücksichtigen erwarten können. Dass das nicht der Fall ist - sondern es unabhängiger Verfassungsrechtler und der Zivilgesellschaft bedarf, um vor derlei Risiken zu warnen, zeigt, dass diesen regierungskonformen Experten nicht mehr zu vertrauen ist. Gesetzesentwürfe, die auch als ausgelegte "Fallen" für Protestbewegungen interpretiert werden können, nähren ein schon länger bestehendes Misstrauen.

Negativbeispiel Ungarn

Denn in Sachen Polizeisymbole befürchtet Experte Funk durch das geplante Sicherheitspolizeigesetz nichts weniger als eine Wiederkehr der Zensur - zumal vorgesehen ist, dass das Innenministerium per Verordnung festlegen soll, welche Darstellungen dem Polizeiansehen entsprechen und welche nicht. Zensur in der EU des 21. Jahrhunderts: So weit hergeholt ist das gar nicht. Im nahen Ungarn wird die Meinungsfreiheit derzeit mit Füßen getreten - und niemand außer Ungarns dadurch gefährdete Intellektuelle scheint das zu interessieren. (Irene Brickner, derStandard.at, 29.10.2011)