Am Ende läuft es auf das hinaus: Wollen wir uns mit unseren Gadgets so unterhalten wie die Astronauten in Stanley Kubricks Science-Fiction-Epos 2001 mit ihrem Bordcomputer Hal? Die sprechende Assistentin Siri ist das spektakulärste neue Feature des iPhone 4s von Apple, von dem es bei der Vorstellung hieß, es enttäusche, weil es kein iPhone 5 sei. Das hielt in den ersten drei Verkaufstagen vier Millionen Menschen nicht vom Kauf ab, doppelt so viele, als es beim letzten Modell waren. Ab heute, Freitag, ist es auch in Österreich erhältlich, auch hier übertreffen die Vorbestellungen frühere Rekorde, sagt Stefan Gubi, Vertriebschef von T-Mobile.
Nichts Neues
Sprachsteuerung ist nichts Neues, aber Siri erweist sich beim ersten Test als erstaunlich tüchtig: Besser als die alte iPhone-Sprachsteuerung oder Googles Spracheingabe versteht uns die weibliche Person, die dank künstlicher Intelligenz den Kontext erkennt und entsprechend reagiert. So antwortete Siri gestern, Donnerstag, in Wien auf die Frage, ob man heute einen Regenschirm braucht, mit "Es sieht nicht nach Regen aus" und zeigte die Wetterprognose. Die Technologie, die Apple vor einiger Zeit erwarb, stammt aus militärischer Forschung und sollte Soldaten erlauben, im Kampf die Hände frei zu halten und trotzdem ihre Ausrüstung steuern zu können.
Siri lernt
In erster Linie soll Siri als dienender Geist zur Verfügung stehen, wenn man die Hände frei haben will: Um SMS im Auto zu schicken oder neue vorlesen zu lassen, Anrufe zu tätigen, sich Musik vorspielen zu lassen, Termine einzutragen oder die Weckzeit einzustellen. Das funktioniert, wenn auch mit gelegentlichen Schreibfehlern (nicht mehr als beim Schreiben auf der Displaytastatur) und Macken. Wobei Siri von seinem Menschen lernt, und der Mensch von Siri, genauer zu fragen oder anzuordnen. Hochdeutsch sprechen hilft.
"Beta"
Wahrscheinlich von den spöttischen Reaktionen auf Newtons lustige Handschriftenerkennung in den 90er-Jahren gewarnt, war Apple vorsichtig genug Siri "Beta" zu nennen. Es gibt Einschränkungen, etwa kann E-Mail nicht vorgelesen (aber erstellt) werden, und die englische Version antwortet auf Fragen, für die auf Deutsch nur Websuche angeboten wird: Die Frage nach einem "Restaurant in der Nähe" führt über Google zu Restaurantführern.
"Gesprächstherapeutin"
Siri wurde von ihrem Schöpfer mit einer Persönlichkeit ausgestattet, die an Eliza erinnert, die 1966 entwickelte "Gesprächstherapeutin" des Computerwissenschafter Joseph Weizenbaum. So ist es nur eine Frage der Zeit ehe man Siri auch Persönliches fragt, etwa ob sie ihren User liebt? Die Antworten variieren, zuerst: "Das ist mir nicht gestattet." Und später: "Wie soll ich das wissen?"
Sinn des Lebens
Blieb noch die Schlussfrage, die Kollegin Renate Graber ihren Interviewpartnern stets stellt: Siri, was ist der Sinn des Lebens? "Das kann ich dir im Moment nicht beantworten. Wenn du mir aber sehr lange Zeit gibst, schreibe ich ein langes Theaterstück, in dem absolut nichts passiert." (Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 28. Oktober 2011)