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Der griechische Ministerpräsident Giorgios Papandreou gab nach dem EU-Gipfel in Brüssel eine Pressekonferenz.

Foto: EPA/BENOIT DOPAGNE

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Grafik: APA

Brüssel - Der Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs hat eine Einigung auf ein Gesamtpaket im Kampf gegen die Schulden- und Bankenkrise gebracht. Für Griechenland wird es einen Schuldenschnitt in Höhe von 50 Prozent geben. Konkret heißt das, dass Privatgläubiger wie Banken und Versicherungen auf die Hälfte ihrer Anleiheforderungen verzichten. Außerdem enthält das Paket eine Einigung auf eine Bankenrekapitalisierung von 106 Milliarden Euro, davon 2,9 Milliarden für österreichische Banken und einen EFSF-Hebel zur Verstärkung des Euro-Rettungsschirms von 440 Milliarden auf eine Billion Euro. Die Börsen in Europa und Asien reagierten positiv auf die Gipfelbeschlüsse (siehe unsere Marktberichte). Der deutsche Leitindex DAX und sein österreichisches Pendant ATX legten um mehrere Prozent zu. Als weitere Konsequenz sind die Risikoaufschläge bei Staatsanleihen und die Kosten für Kreditausfallversicherungen (CDS) in Italien, Spanien und Griechenland gesunken. 

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) begrüßte die Ergebnisse des zehnstündigen Verhandlungs-Marathons. "Die Europäische Union hat gezeigt, dass sie in der Lage ist, gemeinsam und solidarisch Lösungen zu finden.", sagte Faymann in Brüssel. Faymann sagte, die öffentlichen Mittel für das zweite Rettungspaket von Griechenland werden von bisher geplanten 109 Milliarden Euro bis 2014 auf 130 Milliarden Euro erhöht. Die Slowakei wird sich dabei als einziger Euro-Staat nicht an der Erhöhung der Athen-Hilfe beteiligen und damit 200 Millionen Euro ersparen, wie die slowakische Ministerpräsidentin Iveta Radicova erklärte. Ob das so stimmt, konnte die EU-Kommission Donnerstagmittag noch nicht bestätigen.

FMA: Österreich muss nicht für Banken einspringen

Von den 2,9 Milliarden Euro, mit denen Österreichs Banken bis Juni 2012 rekapitalisiert werden sollen, dürfte ein substanzieller Teil auf die Volksbanken AG (ÖVAG) entfallen. Die österreichischen Großbanken müssen der Finanzmarktaufsicht (FMA) bis Jahresende ihre Kapitalpläne vorlegen. FMA-Vorstand Helmut Ettl geht davon aus, dass das ohne zusätzliche Staatshilfe "machbar" ist, wie er am Donnerstag erklärte. "Wir hoffen, dass es zu einer Entspannung an den Märkten kommt, dass die Banken dann von dort wieder leichter Kapital bekommen." "Natürlich", so fügte er hinzu, stünde das staatliche Bankenpaket als back-up für alle Fälle bereit.

Auch heißt das nicht, dass das ganze Kapital erst aufgebracht werden muss, erinnert Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). Den größten Kapitalbedarf unter den österreichischen Banken habe die Kommunalkredit, diese sei aber verstaatlicht, daher sei die Kapitalerhöhung nicht zwingend nötig. Die ÖVAG habe ohnehin Restrukturierungsmaßnahmen vor und die Raiffeisen "wird ein Konzept vorlegen, wo das auch möglich ist", so Fekter im "Ö1-Mittagsjournal". Die Erste Group braucht nach vorläufigen Berechnungen, die sich aber noch ändern werden, 59 Millionen Euro, um ihr hartes Kernkapital wie vom EU-Gipfel gefordert auf neun Prozent zu erhöhen.

Fekter stellte in einer Aussendung auch die Gefahr einer Kreditklemme in Abrede. Anders sieht das Nationalbank-Chef Ewald Nowotny: Eine Verringerung der Kreditvergabe sei "denkbar", weil Banken vermutlich kein staatliches Kapital aufnehmen wollen, erklärte Nowotny im "Ö1-Mittagsjournal". Wenn sie nicht genug Kapital erhalten, könnten sie ihre Kreditvergabe verringern, um die Kernkapitalquote auf neun Prozent zu erhöhen, so eine Befürchtung. "Darauf werden wir aufpassen müssen".

Pikantes Detail am Rande: Die "Vereinbarung" mit den Kreditinstituten bringt auch mit sich, dass sich die Banken bei Dividenden und Boni zurückhalten müssen, bis sie ausreichend Kapital haben.

Merkel spricht von "richtigen Beschlüssen"

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zog ein positives Fazit. "Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen", sagte sie. Die Welt habe auf das Treffen geschaut. Die Europäer seien den Erwartungen gerecht geworden. Die G8-Staaten Kanada und Japan sowie China haben den vereinbarten Schuldenschnitt für Griechenland bereits begrüßt.

Der Schuldenschnitt für Griechenland werde für private Gläubiger aber geringer als 50 Prozent ausfallen, weil sich der öffentliche Sektor mit 30 Milliarden Euro zusätzlich einbringe, sagte Merkel. Zuvor war sie persönlich mit Frankreichs Premier Nicolas Sarkozy und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker zu den parallel verlaufenden Verhandlungen mit Bankenvertretern geeilt, um den Forderungsverzicht der Kreditinstitute unter Dach und Fach zu bringen. Wie hoch dieser Verzicht für die Privaten genau sei, "habe ich nicht errechnet", betonte sie.

Auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zeigt sich mit der Einigung zufrieden. "Beide Seiten sind aufeinander zugegangen", sagte Ackermann in Frankfurt. Er ist Präsident des Welt-Bankenverbandes IIF.

Bis Dezember soll der freiwillige "Haircut" fixiert sein und im Jänner werde der Anleihentausch erfolgen. Ziel sei die Schuldenquote Griechenlands auf 120 Prozent zu reduzieren.

"Schutzwall gegen Ansteckungsgefahr"

Der EU-Ratsvorsitzende Herman Van Rompuy bezeichnete die Entscheidungen als "Schutzwall gegen die Ansteckungsgefahr". Neben dem Schuldennachlass für Griechenland von 50 Prozent sei der Euro-Rettungsschirm EFSF in seiner Effizienz verstärkt und auf eine Billion Euro gehoben worden. In Österreich lehnen die Menschen den Rettungsschirm einer Umfrage zufolge ab.

Zum EFSF sagte Rompuy, die Hebelung könne auf zwei Arten erfolgen. Einerseits sei eine Kreditförderung über Staatsschuldscheine von Mitgliedsstaaten möglich, andererseits könnte ein Fonds eingerichtet werden, der eine Zweckgesellschaft beinhalte, die Operationen durchführe. Dies könnte die Effizienz "um das Vier- bis Fünffache heben".

Wirkungskraft des Hebels unklar

Durch eine vier- bis fünffache Hebelwirkung könnte ein Volumen des derzeit 440 Milliarden Euro schweren Schirms von einer Billion Euro erzielt werden, sagte Faymann. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte dagegen, die Wirkungskraft werde durch die beim EU-Gipfel beschlossene Hebelung um das 4 bis 5-fache auf 1,4 Billionen Euro steigen. Details und Zahlen des Versicherungsmodells müssen die Finanzminister erst ausarbeiten.

Zugleich werden die öffentlichen Mittel für Griechenland von bisher geplanten 109 Milliarden Euro bis 2014 auf 130 Milliarden Euro erhöht, sagte Faymann. Der Betrag des Internationalen Währungsfonds (IWF) stehe noch nicht fest. Aus Privatisierungserlösen in Griechenland sollten 10 bis 15 Milliarden Euro in den EFSF fließen. Insgesamt brauche Griechenland 200 Milliarden Euro. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem zweiten Hilfspaket von 100 Milliarden Euro bis 2014. (APA/red)