Bild nicht mehr verfügbar.

Der Ausbauplan für die Neue Mittelschule.

Grafik: apa

Wien - SPÖ und ÖVP bringen nach zähem Ringen die sogenannte Neue Mittelschule (NMS) für 10- bis 14-Jährige flächendeckend auf den Weg. Das Gesetzespaket zum Vollausbau ist heute in Begutachtung geschickt worden. Unterrichtsminister Claudia Schmied (SPÖ) und der Bildungssprecher der ÖVP, Werner Amon, präsentierten den Entwurf zur Gesetzesnovelle, die alle Hauptschulen bis zum Schuljahr 2018/19 zu Neuen Mittelschulen machen soll. Die Gymnasien bleiben auf Wunsch der ÖVP aber bestehen. Zehn Prozent der AHS können auf freiwilliger Basis beschließen, ebenfalls eine Neue Mittelschule zu werden. Ab dem Schuljahr 2018/19 werden rund 70 Prozent der 10- bis 14-jährigen an NMS unterrichtet.

Grundlegende und vertiefende Allgemeinbildung

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Schüler in vertiefter Allgemeinbildung und grundlegender Allgemeinbildung unterrichtet werden. In der dritten und vierten Klasse der NMS soll gesondert ausgewiesen werden, wie die Schüler in der grundlegenden und in der vertieften Allgemeinbildung abgeschnitten haben, um einen Übertritt auf eine AHS und BMS (Berufsbildende Mittlere Schule) zu ermöglichen.

Ein Übertritt in die AHS-Oberstufe soll dann möglich sein, wenn die Bildungsziele in der vertieften Allgemeinbildung in allen vier "differenzierten Pflichtgegenständen" (Deutsch, Mathematik, Englisch und ein alternatives Pflichtfach) erreicht wurden. Falls die Ziele nur in drei Fächern erreicht wurden, kann ein Beschluss der Klassenkonferenz den Übertritt ebenfalls ermöglichen. Eine BMS kann dann besucht werden, wenn die Noten in den Fächern der grundlegenden Allgemeinbildung zumindest Befriedigend sind. Schmied und Amon betonten aber, dass ein Übertritt in jedes Schulmodell durch eine Aufnahmeprüfung immer möglich sein soll. Schmied und Amon erhoffen sich dadurch eine höhere Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Schulmodellen.

Weitere Neuerungen in der NMS sind etwa die Möglichkeit der Bildung von temporären Schülergruppen, sowie Förderungs- und Leistungsgruppen, Teamteaching, Individualisierung des Unterrichts, differenzierter Unterricht und inklusive Pädagogik.

Schmied: "Jahrhundertprojekt"

Unterrichtsministerin Schmied bezeichnete die Reform als einen "Meilenstein" und ein "Jahrhundertprojekt". Amon betonte, dass nun das erste Mal in fünfzig Jahren eine große Schulreform beschlossen werde. Bis zur vollständigen Umwandlung aller Hauptschulen sollen 4.000 Lehrer und Lehrerinnen mehr unterrichten. Schmied machte erneut klar, dass das Budget für die NMS (230 Millionen Euro) extra budgetiert wurde und somit das Gymnasium nicht weniger Geld bekomme als jetzt.

Schule sollen eigenes Konzept entwickeln

Die Ministerin betonte außerdem, es gehe bei der NMS um mehr als den "Austausch der Türtaferl", es handle sich um eine "neue Schulart mit besonderen pädagogischen Qualitäten". So gebe es dort Berufsbegleitung und Bildungswegberatung, auf Wunsch der Schule auch schriftliche Erläuterungen zu den Ziffernoten im Zeugnis. Am Ende, so Schmied, werde es "1.180 Ausprägungen der Neuen Mittelschule" geben. Denn jede Schule könne spezielle Konzepte entwickeln, wie individuelle Förderung passieren soll - aber eben innerhalb des gesetzlichen Rahmens. Die Schulaufsicht soll sicherstellen, dass die zusätzlichen Mittel (sechs Wochenstunden) auch wirklich im Klassenzimmer ankommen und tatsächlich die per Gesetz vorgegebenen Fördermöglichkeiten eingesetzt werden. Durch die ab 2012 eingesetzten Bildungsstandards soll zudem sichergestellt werden, dass die Qualität in den NMS stimmt.

Faymann: SPÖ will weiter Gesamtschule

Bundeskanzler Werner Faymann bezeichnete im Ministerrat die Reform als einen "wesentlichen Schritt". Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sprach zwar von einem "großen Reformwerk", damit sei Schluss mit den vielen Schulversuchen. Auch sah er eine Aufwertung der Hauptschulen. Für die ÖVP besonders wichtig sei aber, dass das Gymnasium bestehen bleibe. Um zu unterstreichen, dass es nach wie vor eine begabungsorientierte Differenzierung im Schulsystem geben wird, bezeichnete der ÖVP-Chef die NMS auch als "Hauptschule neu".

Faymann betonte, dass ungeachtet der Einigung auf die NMS der SPÖ-Plan einer Gesamtschule bestehen bleibe. Gleichzeitig sagte er, dass er den Koalitionspartner nicht überfordern wollte. Spindelegger legte daher auch Wert darauf, dass die NMS keinesfalls der Gesamtschule entspreche. Am Ende müsse jedenfalls herauskommen, dass es keinen Schüler gibt, der nach einer NMS nicht fehlerfrei seinen Lebenslauf schreiben könne. (lis, derStandard.at, 25.10.2011/APA)