Wien - Harald Evers setzt auf einen Euro. Mehr dürfen 60 Prozent seiner Produkte nicht kosten. Billiges zu bieten sei so einfach, selbst ein Hummer lasse sich für ein Zehntel seines üblichen Preises aufstellen, lasse man erst einmal die aufgeblähte Verwaltung beiseite, ho- he Werbebudgets, teuren Vertrieb und andere Wasserköpfe. Ein Irrsinn seien viele Preise, und er wolle dazu einen Kontrapunkt setzen.

Evers trieb 20 Jahre lang die internationale Entwicklung von Aldi voran. Nun pflastert er im Auftrag von Tengelmann Europa mit Ein-Euro-Läden zu. Mehr als 1200 Shops hat die Diskonttochter Tedi in Deutschland innerhalb von sieben Jahren aufgezogen, und jedes Jahr kommen 150 weitere dazu. In Österreich stieg Evers im Mai ein. Seither eröffneten 18 Filialen, bis zu 30 sollen es im ersten Jahr sein, Potenzial sieht er für gut 250. Slowenien soll als nächstes aufgerollt werden. Neben dem Osten werde auch in Westeuropa expandiert.

Dass Schleuderpreise die Nachhaltigkeit, die Produktions- und Arbeitsbedingungen stark in Frage stellen, lässt Evers gelten. "Den Problemen muss man sich stellen", es betreffe aber alle Händler, nicht nur Diskonter. Letztlich sei der Kunde König - "es wird das angeboten, was nachgefragt wird".

Mit Schmuddelimage will Evers - graumeliertes krauses Haar, perfekt gestutzter Bart, flotter Schal - nichts zu tun haben. Die Ware sei kein Ramsch und Tedi mit kleinen Euro-Läden um die Ecke nicht vergleichbar. Nicht, dass die Einzelkämpfer nicht überleben könnten. In seinem Geschäft jedoch gehe es um Professionalisierung. Und das Konzept gehe auch in noblen Gegenden auf: Seine Kunden kämen aus allen Einkommensschichten, entscheidend sei der Impulskauf.

Das Sammelsurium an Kosmetik, Haushaltsware, Textilien und Werkzeug entstamme nur vereinzelt Restposten. Es werde eigens für Tedi gefertigt, sei überwiegend Standardsortiment und nicht selten Markenware. Im übrigen liege die Glückseligkeit für ihn nicht in chinesischen Fabriken, sagt Evers dem Standard. 40 Prozent der Artikel würden in Europa erzeugt. Er suche in Südeuropa weitere Alternativen zu Fernost. Das Ziel seien schnellere Lieferungen und höhere Flexibilität. "Es liegt hier im Industriebereich einiges brach."

Die Produktionsbedingungen in Asien ließen sich nicht zu 100 Prozent kontrollieren, räumt der Manager ein. Um Qualitätsstandards durchzusetzen brauche es jedoch die Einkaufsmacht großer Konzerne. "Wir können Druck ausüben."

Tedi setzt mit 9000 Mitarbeitern mehr als 300 Millionen Euro um. Fünf Angestellte betreuen in der Regel eine Filiale. Einen Betriebsrat gibt es in Deutschland nicht; es bestehe kein Wunsch danach, versichert Gerald Finke, der das Ös- terreich-Geschäft führt. Gegen die Gründung eines österreichischen Betriebsrates habe er nichts.

Knallhart kalkuliert werde in jedem Fall bei den Mieten. Standorte wie die Wiener Mariahilferstraße seien daher Tabu. Er frage sich, wie mancher Händler dort die hohen Kosten erwirtschafte. Für Te- di brächte ein Standort in der Einkaufsmeile beste Umsätze. "Aber das steht in keiner Relation zu den Mieten. Da sind wir konsequent." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.10.2011)