Jan Brueghel d. J.: "Allegorie der Tulpomanie", Affen als satirische Verkörperung der Menschen.

Foto: Im Kinsky

Auf die teuerste Tulpensorte pissender Affe: vermutlich nach einem niederländischen Sprichwort, das die Illusion, Unmögliches erreichen zu wollen, symbolisiert.

Foto: Im Kinsky

Die Tulpenmanie, die ohne Folgen blieb.

Einer alten persischen Legende zufolge spross die Tulpe aus dem Blut und den Tränen eines Mädchens, das in die Wüste ging, um ihren Geliebten zu suchen. Den Weg nach Europa fand das Symbol der Liebe über einen österreichischen Konsul, der sie um 1555 via Konstantinopel nach Wien brachte. Zum Zentrum der Zucht avancierten jedoch die Niederlande, wo Liebhaber der exotischen Blume Gärten anlegten und über deren Kultivierung fachsimpelten. Die gesteigerte Bekanntheit und Wertschätzung spiegelte sich nicht nur in der niederländischen Stilllebenmalerei wider.

Als Chronisten der Geschichte des Tulpenwahns könnte man die Malerfamilie Brueghel bezeichnen. Den Anfang machte Pieter d. J. (1564-1638), der in einem – gemäß unterschiedlicher Quellen um 1616 bzw. 1635 datiert – Jahreszeitengemälde die Arbeiten in den Tulpengärten rund um Haarlem im Frühling festhielt. In beschaulicher Atmosphäre wird Unkraut gejätet, nichts verweist hier auf den dramatischen Verlauf, den der spekulative Handel mit Tulpenzwiebeln nehmen sollte.

Ein weiteres Dokument hat sich in Form eines Briefes erhalten, in dem Jan d. Ä. (1568-1625) anmerkte, dass Tulpen zu teuer seien, um sie gepflückt zu malen. Stattdessen müsse er nach Brüssel reisen, um die Blumen im Park der Erzherzöge vor Ort zu studieren. Zum besseren Verständnis: Schon 1623 kostete eine einzige Zwiebel der Sorte Semper Augustus stolze 1000 Gulden. Der Tauschwert von 40 Gallonen französischen Cognacs lag vergleichsweise bei 60 Gulden. Eine ganze Familie kam mit 300 Gulden ein ganzes Jahr über die Runden.

Allegorie der Tulpomanie

In den 1630er-Jahren nahm der Tulpenhandel eine Wendung, die später als erste gut dokumentierte Spekulationsblase in die Wirtschaftsgeschichte einging, die im Februar 1637 platzte. Vier Jahre davor war in der Hafenstadt Hoorn ein Haus für drei seltene Tulpen verkauft worden und die Blume erstmals zum Zahlungsmittel avanciert. Der Rest ist Geschichte, die Jan Brueghel d. J. (1601-1678, Sohn Jans d. Ä.) in den 1640er-Jahren in einem einzigartigen Gemälde verewigte, das Einblick in die Welt historischer Börsenzocker und Banker gewährt: in der Allegorie der Tulpomanie, einer Versinnbildlichung der durch Gier ausgelösten Dummheit der Menschen, wie sie Angesichts jüngerer Spekulationen mit Immobilien oder an den Rohstoffmärkten nicht aktueller sein könnte.

Das bis vor kurzem unentdeckt in einer österreichischen Privatsammlung gehütete Gemälde ist eine von zwei weiteren Varianten und gelangt am 8. November "im Kinsky" zur Versteigerung (25.000-50.000 Euro). Als Darsteller fungieren Affen, die seit der Renaissance als satirische Verkörperung des Menschen galten und die Verdauung der moralisierenden Botschaft erleichterten.

Spekulanten (in roten Kutten) bevölkern das Bild ebenso wie Spielernaturen, die ihr letztes Geld für eine einzige Tulpe opferten (in orangem Kittel), die schon damals teurer war als ein gemaltes Bild oder Silberkannen (ganz links). Weiters tummeln sich hier enttäuschte Käufer (fechtend), um neue Investoren werbende Kaufmänner (in grünem Wams), Buchhalter, die einzelne Zwiebel in Gold aufwogen, oder auch jene, die alles verspielt hatten und – unter Prügeln der Ehefrau (rechts) – vor dem Kadi landeten. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM – Printausgabe, 22./23. Oktober 2011)