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Fokus Haar: Was Dermatologen bei Haarausfall unternehmen können.

Foto: APA/Boris Rössler

Glänzendes, dichtes Haar gilt vor allem bei Frauen als Symbol von Schönheit, sexueller Attraktivität und weiblicher Identität. Fallen die Haare aus, leiden die meisten Frauen mehr darunter als Männer. "Bei Männern wird androgener Haarausfall fast wie ein sekundäres Geschlechtsmerkmal wahrgenommen", sagt Jolanta Schmidt, Leiterin der Ambulanz für endokrine Dermatologie. Während bei Männern der hormonbedingte Haarausfall üblicherweise an den Schläfen beginnt und die berühmten Geheimratsecken bildet, fallen Frauen meist die Haare rund um den Scheitel aus, wobei der Haaransatz erhalten bleibt. Beim diffusen Haarausfall (Effluvium) verlieren die Betroffenen Haare über den ganzen Kopf verteilt. "Frauen gehen eher zum Arzt als Männer", sagt Schmidt. Doch nicht immer sei es gleich krankhaft. Im Frühjahr und Herbst verlieren die Menschen mehr Haare als sonst. "Von Haarausfall spricht man, wenn länger als sechs Wochen täglich 80 bis 100 Haare ausfallen", sagt Schmidt, "nach zwei Monaten Haarausfall sollte man zum Arzt. Am besten hat man eine Woche davor bereits die Haare gezählt."

Zu beachten ist dabei, die ausgefallenen Haare erst ab dem vierten Tag nach der Haarwäsche zu zählen. "In den ersten drei Tagen nach dem Haarewaschen fallen weniger Haare aus als sonst", sagt Schmidt. Bis zu 300 ausgefallene Haare gelten bei einer Haarwäsche einmal in der Woche als normal.

Hält der Haarausfall an, begutachten Dermatologen zunächst den Typ des Haarausfalls. "Mit weiblichem Haarausfall ist meist hormoneller Haarausfall gemeint", sagt Schmidt.

Hormonelles Ungleichgewicht

Rund um die 50 tritt er besonders häufig auf: Vor der Menopause seien 13 Prozent der Frauen davon betroffen, nach der Menopause lichteten sich durch die Hormonumstellung die Scheitel von 37 Prozent aller Frauen, so Schmidt. Dabei fallen die weiblichen Hormone etwa zwei Jahre vor den männlichen ab, wodurch die männlichen Hormone überwiegen. Dadurch kann es zu leichten Veränderungen bei der Behaarung kommen. Haartinkturen mit äußerlich wirksamen Östrogenen bringen den Hormonhaushalt rund um die Haarwurzel wieder ins Gleichgewicht. Erste Behandlungserfolge können sich aber auch erst nach drei Monaten einstellen, da nur jene Haare, die noch fest in der Wurzel verankert sind, auf die Therapie ansprechen. "In der Mehrheit der Fälle gelingt die Behandlung, außer der schüttere Zustand hält schon länger als zehn Jahre an", sagt Schmidt, "den Urzustand kann man nicht mehr herstellen, aber ein akzeptables Ergebnis erreichen."

Bei jüngeren Patientinnen liegen oft Hormonstörungen vor. Sind die Hormonbefunde auffällig, schicken Dermatologen die Patientinnen zum Gynäkologen. Denn auch die Pille kann Haarausfall verursachen, weil bestimmte Gestagen-Komponenten, die in manchen Pillen - und Hormonspiralen - enthalten ist, androgene Reaktionen auslösen können. "In diesen Fällen verschreibt der Gynäkologe eine andere Pille, dann verschwinden meist auch die Symptome", sagt Schmidt. Auch polyzystische Ovarien - Eierstöcke, die männliche Hormone produzieren - oder Störungen der Schilddrüse können bei jungen Frauen die Haare ausfallen lassen. Diffuser Haarausfall liegt aber sehr häufig an Mangelerscheinungen, die nach Diäten oder einseitiger Ernährung entstehen. Auskunft darüber gibt ein Blutbild, auf dem der Eisen-, Calcium-, Magnesium-, Vitamin-D-, Folsäure- und Vitamin-B12-Vorrat ausgewiesen ist.

Häufig wird der Arzt bei Haarausfall Minoxidil, das es auch rezeptfrei in der Apotheke gibt, verschreiben. Wie dieses Medikament wirkt, ist noch nicht ganz klar. Vermutlich regt es die Durchblutung und Versorgung der Kopfhaut an, sodass der Haarwuchs gefördert wird. Sicher ist, dass es nur die Symptome bekämpft.

Therapie auf Zeit

Daher wirkt es nur, solange es angewandt wird. "Minoxidil muss man nicht lebenslang nehmen, sondern nur, bis der Mangel behoben ist", so Schmidt. Eine Frage, die Dermatologen öfter hören, ist jene, ob es hilft, das Haar kurz schneiden zu lassen, um sein Gewicht und damit den Zug auf die Haarwurzel zu verringern. Das hilft gegen Haarausfall nicht, "kurze Haare sehen höchstens nach mehr aus", sagt Schmidt. Gefährlicher für die Haarpracht seien zu straffe Haarknoten, lockere Pferdeschwänze führen hingegen nicht zu Auslichtung.

Mit der Haarwäsche sollte man es ebenfalls nicht übertreiben. "Wenn jemand normale Haare hat, reicht es, einmal in der Woche die Haare zu waschen. Bei fetten Haaren auch zweimal die Woche", empfiehlt Schmidt und ist sicher, dass "täglich die Haare zu waschen das physiologische Milieu der Kopfhaut verändert".  (Konstanze Wagenhofer, DER STANDARD Printausgabe, 24.10.2011)