Graz/Wien - Die Zahl der in Österreich registrierten Organspender geht offenbar wieder hinauf. 2006 waren es 24,3 pro Million Einwohner gewesen, 2008 dann 20, 2009 schließlich 25, um vergangenes Jahr auf 22,8 je Million Einwohner zu sinken. "Heuer werden wir wahrscheinlich wieder auf 25 pro Million Einwohner kommen", sagte Ferdinand Mühlbacher, Vorstand der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien am AKH, im Zuge der in Graz laufenden Jahrestagung von "Austrotransplant".

"Das ist die 'ewige Schwankung'. In diesem Jahr geht es wieder bergauf. Das ist aber auch der Erfolg mit lokalen Transplantationskoordinatoren in österreichischen Spitälern. Wir wollen bis 2013 in Österreich 25 solcher Koordinatoren haben", erklärte Mühlbacher. Diese Ärzte, die speziell ausgebildet werden, kümmern sich um den gesamten Bereich der Transplantationsmedizin, versuchen ihre Kollegen dafür zu sensibilisieren. Die Organverpflanzungen sind von der Meldung potenzieller Spender - und somit der Organe - abhängig.

Spontane Hirnblutungen

Bei den Organspendern - Personen, bei denen der Gehirntod eingetreten ist - hat sich in den vergangenen 20 Jahren eine wesentliche Veränderung ergeben. Der Transplantationschirurg: "Die alte Vorstellung, dass das die Motorradfahrer sind, die im Frühjahr die 'Maschin' auspacken, hat nie wirklich gestimmt, heute ist das ganz anders. Früher waren die Spender zu rund 60 Prozent Patienten mit Hirntraumen, etwa die Hälfte aus dem Straßenverkehr. Heute haben rund 60 Prozent der Organspender eine spontane Gehirnblutung erlitten, etwa 30 Prozent sind Opfer des Straßenverkehrs." Vor allem auf den allgemeinen Intensivstationen, wo die meisten Fälle von Hirntod eintreten würden, sei die Sensibilisierung der Ärzte notwendig, um im Fall des Falles an eine Organspende zu denken.

Gerade bei den häufigsten Organtransplantationen, den Nierentransplantationen, könnte es derzeit zu einer Änderung bei der medikamentösen Behandlung der Organempfänger zur Verhinderung der Abwehrreaktion kommen. Seit kurzem ist mit Belatacept in Europa hier ein neues Biotech-Medikament zugelassen, an dessen klinischer Entwicklung auch Mühlbacher und weitere Wissenschafter der MedUni Wien, wie zum Beispiel der Immunologe Thomas Wekerle, mitgearbeitet haben. Es handelt sich um ein Fusionsprotein. Mühlbacher: "Nach einer Nierentransplantationen wurde normalerweise mit Cortison in abnehmender Dosierung, Mycophenolsäure, einem Interleukin-2-Blocker und Cyclosporin A oder Tacrolimus behandelt. Statt Cyclosporin bzw. Tacrolimus kann man jetzt einmal monatlich per Infusion Belatacept geben."

Höhere Halbwertszeit

In Vergleichsstudien hat sich herausgestellt, dass die neue Biotech-Substanz keine toxische Wirkung auf die Spenderniere hat. Der Chirurg: "Die 'Halbwertszeit' einer Spenderniere erhöht sich damit von derzeit rund zehn Jahren auf 12,5 Jahre. Das ist aber sehr konservativ geschätzt. Wahrscheinlich ist es viel mehr. Ich rechne mit 15 bis 17 Jahren." An der Universitätsklinik für Chirurgie in Wien hat man durch Beteiligung an den klinischen Studien bereits Langzeiterfahrungen über zehn Jahre hinweg gesammelt. Mühlbacher: "Von 14 wirklich mit Belatacept behandelten Patienten haben noch immer neun eine exzellente Nierenfunktion." Das sei wesentlich mehr als man erwarten könnte. Derzeit laufen Gespräche mit den Krankenkassen, wie man die Finanzierung der Therapie langfristig organisieren könnte. (APA)