Die Armee ließ ihre Webseite sprechen. Eine 14 Punkte lange Erklärung erschien am Donnerstag zum Angriff der PKK auf das türkische Militär in der Grenzprovinz Hakkari vom Vortag. Punkt 12 gab den Beginn der Bodenoffensive in den Nordirak bekannt: Der Einmarsch von 22 Bataillonen in fünf Distrikte im Nordirak habe begonnen, so teilten die Generäle mit.

Etwa 1000 türkische Soldaten überschritten die Grenze und stellten Kämpfern der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei nach. Von 21 Toten aufseiten der PKK war die Rede, doch die Zahlen gelten als wenig verlässlich. Die ganze Nacht über hatten Flugzeuge von der Militärbasis in Diyarbakir aus vermutete Stellungen der kurdischen Rebellen im Nordirak bombardiert. Spezialeinheiten waren schon am Mittwoch, wenige Stunden nach der Angriffsserie in Hakkari, im nordirakischen Gebirge abgesetzt worden. 24 Soldaten waren bei dem Überfall getötet, 18 verletzt worden.

Details zum Angriff wurden bekannt. Demnach waren es 250 bis 300 PKK-Kämpfer, die in der Nacht zu Mittwoch über die irakische Grenze in die südöstlichste Provinz der Türkei kamen. Ihr Hauptziel war eine Militärunterkunft am Grenzübergang Keklikkaya. Sieben weitere Ziele in der Provinz seien angegriffen worden, um zu verhindern, dass rasch Hilfe nach Keklikkaya käme.

46 Soldaten und Gendarme waren dort untergebracht, die meisten wurden im Schlaf überrascht. So gelang es den Angreifern auch, bis in das Zimmer des Gendarme-Offiziers Murat Bek vorzudringen. Das Bild seiner Mutter, die nach der Nachricht über seinen Tod auf der Straße zusammenbrach, war am Donnerstag auf der Titelseite der Tageszeitung Taraf; andere Zeitungen zeigten verzweifelte Angehörige der anderen getöteten Soldaten. Fernsehsender setzten Spielshows ab, vor allem in Ankara kam es zu nationalistischen Demonstrationen. Schüler gingen mit türkischen Flaggen um die Schultern auf die Straßen.

Staatspräsident Abdullah Gül und Premier Tayyip Erdogan nahmen an der Trauerfeier für einen der Soldaten in der größten Moschee der Hauptstadt teil. Das Parlament hatte zuvor einen Beschluss über den Einmarsch in den Nordirak angenommen.

Dort unterhält die PKK eine Reihe von Lagern. Die kurdische Regionalregierung im Irak hatte offenbar diese Woche erst mit der Umsiedlung von Dorfbewohnern begonnen, die nahe der PKK-Lager leben. Ankara hatte darauf gedrängt und argumentiert, die kurdischen Rebellen nutzten diese Dörfer zum Lebensunterhalt. Nechirvan Barzani, eine Neffe des kurdischen Premiers im Nordirak, kam nach Ankara und versprach Erdogan gemeinsame Anstrengungen, damit sich ein Vorfall wie der Angriff in Hakkari nicht mehr wiederhole. (Markus Bernath aus Istanbul/DER STANDARD, Printausgabe, 21.10.2011)