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Dendritische Zellen - hier eine mikroskopische Aufnahme - lassen sich mit Hilfe kleiner, körpereigener Moleküle "umerziehen".

Foto: APA/KOMPETENZZENTRUM MDIZIN TIROL / KMT

Deutsche Mediziner sind den Wirkmechanismen eines körpereigenen Moleküls auf den Grund gegangen, das die Immunabwehr seitens der Dendritischen Zellen entscheidend beeinflusst. Auf Basis dieser Forschungen konnten die Wissenschafter neuartige Therapien gegen Autoimmunkrankheiten entwickeln. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift "Journal of Experimental Medicine" publiziert.

"Wir gehen davon aus, dass dies die Basis für die Entwicklung neuer, aller Wahrscheinlichkeit nach sehr sicherer Medikamente für Menschen mit schweren Autoimmunkrankheiten wie Psoriasis oder Multiple Sklerose ist. Erste Medikamente dazu sollen noch dieses Jahr auf den Markt kommen", erklärt Martin Röcken, Ärztlicher Direktor vom Universitätsklinikum Tübingen.

Multiple Sklerose und Psoriasis zählen zu den häufigsten Autoimmunkrankheiten. Erstaunlich ist, dass bis heute fast alle Therapien, die für eine der beiden Krankheiten entwickelt wurden, bei der anderen eher schädlich sind, obwohl beiden Erkrankungen ein ganz ähnlicher Entzündungsvorgang zugrunde liegt.

Die Forschergruppe am Universitätsklinikum Tübingen untersuchte den Wirkmechanismus des kleinen, körpereigenen Moleküls namens Di-Methyl-Fumarat (DMF), da DMF das erste Molekül ist, das sowohl die Psoriasis als auch die Multiple Sklerose bessert. Die Wissenschafter fanden heraus, dass dieses körpereigene Molekül ganz entscheidend die Wirkweise der wichtigsten Immunstimulatoren, der Dendritischen Zellen, beeinflusst.

Falsch informierte Dendritische Zellen

Für die Entdeckung dieser Dendritischen Zellen wurde dieses Jahr der Nobelpreis an Ralph Steinman verliehen. Normalerweise haben Dendritische Zellen die Aufgabe, Gefahren die von Bakterien oder Viren ausgehen zu erkennen, das Immunsystem zu alarmieren und schützende Antworten gegen die Keime einzuleiten. Unglücklicherweise können Dendritische Zellen irrtümlich auch Immunantworten gegen körpereigene Zellen einleiten und diese zerstören, wenn sie die falschen Informationen erhalten. Dies ist beispielsweise auch bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Psoriasis der Fall.

Das Tübinger Forscherteam konnte jetzt zeigen, dass kleine Moleküle wie DMF die Dendritischen Zellen umerziehen können. Sie erziehen sie zu Dendritischen Zellen, die vor einer Gewebezerstörung schützen können, die "Typ 2 Dendritischen Zellen". In einer Serie komplexer Experimente deckten die Wissenschaftler die Mechanismen auf, die für diese "Umerziehung" der Dendritischen Zellen verantwortlich sind.

Die Entdeckung dieser allgemeingültigen Regeln schafft die Basis für die Entwicklung neuer, aller Wahrscheinlichkeit nach sehr sicherer Medikamente, die das Leben der Menschen mit schweren Autoimmunkrankheiten wie Psoriasis oder Multiple Sklerose deutlich verbessern werden. Die Universität Tübingen hat das Verfahren patentieren lassen. (red)