Herwig Grimm

Foto: Herwig Grimm

Der junge Wissenschafter muss entweder über ein besonders hohes Potenzial und viel Überzeugungskraft verfügen, oder aber über ausreichend Vitamin B bzw. gute CVerbindungen. Anders ist es unbeteiligten Außenstehenden mit ein klein wenig Uni-Ahnung nicht leicht nachvollziehbar, was die zuständigen Verantwortlichen der Vetmeduni Vienna (ein Hoch der Internationalität!) dazu bewegte, den 33-jährigen Herwig Grimm zum Professur für Ethik in der Mensch-Tier-Beziehung (in Teilanstellung mit der Uni Wien) zu machen.

Die Presseaussendung anlässlich des Lehrstuhlantritts (am Samstag, dem 15. Oktober) lässt immerhin noch auf eine ganz normale Berufung schließen: "Herwig Grimm erwarb zunächst ein Bakkalaureat in Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Salzburg (...). Nachdem er sein Philosophiestudium in Salzburg mit einer Arbeit zum moralischen Status von Tieren abgeschlossen hatte, widmete er sich an der Hochschule für Philosophie in München seinem Dissertationsprojekt, in dem er sich mit Methodenfragen der angewandten Ethik und insbesondere der Tierethik beschäftigte. Bis zu seinem nunmehrigen Wechsel (...) war er sieben Jahre lang wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN) der Ludwig-Maximilians-Universität München (...)."

Etwas stutzig macht, dass in dieser Zusammenfassung die Jahreszahlen fehlen. Forscht man ein klein wenig nach man, dann sieht die Karriere Grimms lakonisch zusammengefasst wie folgt aus: Dissertation 2010, Professur 2011. Und Grimms Lebenslauf sowie seine Publikationsliste lassen prima vista auch eher auf einen aussichtsreichen Bewerber für eine Post-doc-Stelle als auf einen frisch gebackenen Ordinarius schließen.

Lag es vielleicht an den mangelnden Bewerbungen? Nun ja. Jörg Luy, einer der ersten Tierethik-Professoren Deutschlands und Vorstand am Institut für Tierschutz und Tierverhalten der FU Berlin war auch in die engere Auswahl gekommen, schaffte es dann aber nicht einmal auf den Dreiervorschlag. Was vielleicht daran lag, dass man dachte, er würde ohnehin nicht nach Wien kommen - quod erat demonstrandum.

Aber wahrscheinlich bin ich wieder nur ein Schelm, der Böses dabei denkt. Wenn das akademische Leben schon nichts anders als ein "wilder Hazard" ist, wie der deutsche Soziologe Max Weber 1919 in seinem Essay "Wissenschaft als Beruf" so treffend formulierte, warum soll nicht auch einmal einer den Solosechser gewinnen! Außerdem stammt das Geld dafür nicht vom österreichischen Steuerzahler, sondern von der Schweizer Messerli-Stiftung, die auch noch drei andere Professuren in Wien finanziert.

Betrachten wir die ganze Sache also einfach ganz positiv: Endlich wird ein junger Überflieger und High Potential ganz ohne die lästige bürokratische Hürde einer Habilitation zum Professor berufen. Und was kümmert uns schon, was Forscher im Ausland über solche Berufungen denken - wie zum Beispiel einer der renommiertesten Bioethiker Deutschlands: "Herr Grimm ist für mich ein unbeschriebenes Blatt. Offensichtlich sollte es ein Österreicher sein, anders lässt sich die Berufung wohl nicht erklären."

Wird fortgesetzt.