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Strenge Blicke, scharfe Strafandrohungen: Die ÖVP-Regierungsmitglieder Beatrix Karl, Michael Spindelegger und Johanna Mikl-Leitner haben ein Sicherheitspaket geschnürt.

Foto: Reuters/Foeger

Wien - Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) ist eine präzise denkende Juristin: Nach drei Jahren kann man im Zivilrecht seinen Schadenersatzanspruch gegen Privatpersonen nicht mehr gerichtlich einklagen, bei Ansprüchen gegen öffentliche Einrichtungen (wie Kinderheime und deren Rechtsträger) beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre, was allerdings nicht heißt, dass der Anspruch nicht weiter bestünde: Wenn also Kinder vor Jahrzehnten Schaden in einem Heim der Stadt Wien erlitten haben, sollten sie entschädigt werden, auch wenn ihnen kein Gericht dazu verhelfen kann, den Anspruch durchzusetzen.

Für künftige Fälle, die sich niemand wünscht, soll das Gesetz geändert werden: Eine Reform des Schadenersatzrechts ist bereits in Arbeit - längere Fristen für gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen (nicht nur gegen Kinderschänder) gehören dazu. Was das Strafrecht betrifft, bleibt Karl bei ihrem Nein zu einer weiteren Ausweitung der Verjährungsfristen.

Letzte Änderung 2010

Diese wurden nämlich erst im Jänner 2010 geändert. Demnach ist bei vergewaltigten minderjährigen Opfern eine Verjährung bis zur Vollendung ihres 28. Lebensjahres zunächst kein Thema. Bei Erreichen dieser Altersgrenze haben sie dann zehn Jahre, in besonders gravierenden Fällen sogar 20 Jahre Zeit, um gegen den Täter mittels einer Anzeige strafrechtlich vorzugehen und diesen vor Gericht zu bringen. Damit ist Österreich schon jetzt Vorreiter und zehn Jahre über Deutschland, Frankreich und anderen Ländern.

Konkret gegen Kinderschänder richten sich andere Gesetzesänderungen, die die ÖVP noch in diesem Herbst durchs Parlament bringen will: Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat von seinen Ministerinnen Karl (Justiz) und Johanna Mikl-Leitner (Inneres) eine "Kinderschutzstrategie" ausarbeiten lassen - mit dem klaren Ziel, die Strafrahmen zu erhöhen.

Meldung bei "Opferschutzzentrum"

"Strafen haben abschreckenden Charakter" , ist Karl überzeugt: Wo Kindesmisshandlung bereits mit Mindeststrafen bedroht ist, sollten diese erhöht werden, wo es keine Mindeststrafen gibt, sollten diese geschaffen werden. Wo derzeit Geldstrafen verhängt werden können, soll es künftig Freiheitsstrafen geben.

Und es werden neue Delikte erfunden: Schon Grooming, das Anbahnen von sexuellen Kontakten - etwa über das Internet -, soll mit Strafe bedroht werden. Wer mit Minderjährigen solchen Kontakt aufnimmt, soll für zwei Jahre hinter Gitter.

Zudem will Spindelegger möglichem Kindesmissbrauch auch dadurch auf die Schliche kommen, dass verdächtige Beobachtungen einem "Opferschutzzentrum" gemeldet werden können, das dem Verdacht dann nachgehen muss.

Das ÖVP-Sicherheitspaket enthält auch Maßnahmen gegen Cyberkriminalität (so sollen Polizisten Kinder über Gefahren im Internet aufklären), gegen Drogenmissbrauch (jugendliche Ersttäter sollen schneller per Haaranalyse untersucht und behandelt werden) und gegen Eigentumsdelikte. Eigentumsschutz hat für die ÖVP oberste Priorität - und Strafdrohungen würden auch Einbrecher abschrecken. Dem BZÖ geht das von der ÖVP präsentierte Sicherheitspaket nicht weit genug: BZÖ-Bündnisobmann Josef Bucher forderte, dass Sexualstraftäter nicht bedingt entlassen werden dürften - und wer einen Missbrauchsverdacht hat, der soll auch verpflichtet werden, diesen anzuzeigen. (cs, DER STANDARD; Printausgabe, 19.10.2011)