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Studiengebühren von 500 Euro pro Semester, also 1.000 Euro pro Jahr, erscheinen Harald Kainz, Rektor der TU Graz, angemessen.

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Die ÖH sieht das anders. Vollversammlungen an verschiedenen Unis des Landes wurden organisiert. In Wien demonstrieren Studenten vor dem Wissenschaftsministerium am Minoritenplatz.

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Die Rektoren bringen sich nach der Veröffentlichung des Gutachtens von Heinz Mayer, demzufolge es ab März neue Studiengebühren geben könnte, in Stellung. An der Technischen Universität Graz und der MedUni-Wien ist man über die aktuellen Entwicklungen erfreut und plant schon konkrete Schritte. Die Rektoren der restlichen Unis reagieren zurückhaltend. 

TU Graz will Studiengebühren in Höhe von 500 Euro einheben

An der TU-Graz begrüßt man die Ergebnisse des neuen Gutachtens und hofft, dass nun wieder Bewegung in die Hochschulpolitik kommt, die in den "letzten Jahren einzementiert war", sagt Harald Kainz, Rektor der TU Graz im Gespräch mit derStandard.at. "Wir warten nun, bis wir das Gutachten schriftlich haben und werden uns mit den Mitgliedern des Senats und der Hochschülerschaft über die Einhebung der Studiengebühren verständigen", sagt Kainz. Ein Studienjahr an der TU würde pro Kopf 15.000 bis 20.000 Euro kosten. Studiengebühren von 500 Euro pro Semester, also 1.000 Euro pro Jahr, erscheinen ihm angemessen. 

Mit der Entrichtung der Gebühren soll auch das Bekenntnis der Studenten zum Studium verbessert werden. Wichtig sei jedoch, dass niemand vom Studium aufgrund der Gebühren abgehalten wird. "Wer Studienbeihilfe bezieht muss laut dem geltenden Gesetz keine Studiengebühren bezahlen. Wir überlegen uns, welchen Gruppen noch befreit werden sollten", so Kainz. Für jede Studienrichtung würde die TU gleich viel einheben, eine Differenzierung wäre schwer zu administrieren. Die Studiengebühren seien allerdings nur eine von vielen Baustellen der Hochschulpolitik. Die Politik müsse trotzdem die Finanzierungsfrage klären: "Sonst müssen wir schon bald einige Institute zusperren".

Meduni Wien: Studienbeiträge ab Wintersemester 2012

Wolfgang Schütz, Rektor der Meduni Wien wird prüfen lassen, ob Mayers Rechtsauslegung stimmt und gegebenfalls in Form eines Stufenplanes die Studienbeiträge wieder einführen. Gegenüber derStandard.at heißt es, eine Wiedereinführung wäre frühestens ab dem Wintersemester 2012 möglich. Über die Höhe des Betrages, der eingehoben werden soll, wollte das Rektorat vorerst keine Stellungnahme abgeben.

Schmidinger: Expertise zu erwarten gewesen

Der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko), Heinrich Schmidinger, sieht nach dem von Wissenschaftsminister Töchterle präsentierten Rechtsgutachten Regierung und Parlament gefordert. "Wenn wir Maßnahmen in diesem mehr als heiklen Bereich setzen wollen, brauchen wir Rechtssicherheit", so der Rektorenchef zur APA. Diese werde durch "diese eine Rechtsmeinung" von Verfassungsjurist Heinz Mayer nicht hergestellt, "Regierung und Parlament sind umgehend gefordert, in dieser Frage zu entscheiden".

Schmidinger, der sich mehrfach für "sozialverträgliche Studienbeiträge" ausgesprochen hatte, sieht den Vorstoß Töchterles, die SPÖ vor die Wahl zwischen seinem Studiengebührenmodell und der laut Gutachten möglichen Lösung in der Autonomie der Unis zu stellen, als "etwas absolut Übliches an".

Das Einholen einer Rechtsexpertise sei nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu erwarten gewesen. Auf die Frage, ob der Zeitpunkt am Vorabend des heutigen "Bildungsaktionstags" der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) samt Uni-Vollversammlungen günstig sei, meint Schmidinger, das Thema werde "diese Veranstaltungen bestimmt beherrschen oder zumindest massiv zur Sprache kommen".

TU Wien schließt Studiengebühren nicht aus

Adalbert Prechtl, Vizerektor für Lehre an der Technischen Universität Wien, ist der Meinung, dass die von Heinz Mayer aufgezeigte Möglichkeit zur Einhebung von Studiengebühren in unbeschränkter Höhe "wohl eher eine juristisch-theoretische" ist. Die TU Wien stehe Studiengebühren als Finanzierungsmöglichkeit von Universitäten generell skeptisch gegenüber.

Prechtl sagt zu derStandard.at, dass es jedenfalls eine vom Wissenschaftsministerium vorgegebene Höhe bzw. Bandbreite geben müsste, "etwa wie die von Minister Töchterle vorgeschlagene Deckelung mit 500 Euro pro Semester".

Sollte die Unterfinanzierung der Universitäten anhalten, so Prechtl, müsste sich "natürlich auch die TU Wien überlegen, ob sie von einer gegebenenfalls eingeräumten Möglichkeit zur Einhebung von Studiengebühren Gebrauch machen würde."

Wirtschaftsuniversität: Gutachten prüfen

WU-Rektor Christoph Badelt steht der Idee, dass Unis über die Studiengebühren autonom befinden können, grundsätzlich positiv gegenüber. Das vorliegende Gutachten müsse nun allgemein geprüft werden, was mehrere Tage in Anspruch nehmen werde, heißt es gegenüber derStandard.at. Keinesfalls sollten jedoch Studiengebühren eingehoben werden, wenn Rechtsunsicherheit herrsche. Und: Die staatliche Finanzierung dürften in diesem Fall nicht reduziert werden.

Uni Graz gegen Studiengebühren ohne ein entsprechendes Stipendienmodell

Die Rektorin der Universität Graz, Christa Neuper, hält eine Diskussion über Studiengebühren alleine nicht für sinnvoll. "Die österreichischen Universitäten brauchen ein ganzheitliches Konzept zur Finanzierung", sagt sie in ihrer Stellungnahme gegenüber derStandard.at. Die Universitäten könnten durch Studiengebühren alleine nicht finanziert werden und auch nicht die Studierendenströme in Massenfächern lenken, so Neuper. Studiengebühren ohne ein entsprechendes Stipendienmodell kann sich die Rektorin nicht vorstellen.

Uni Wien: "Finanzierungslücke schließen"

Heinz Engl, Rektor der Universität Wien, plädiert dafür, Rechtssicherheit herzustellen. Bereits nach dem Entscheid des Verfassungsrichthofs im Juli 2011 habe die Universität Wien auf das gravierende Problem aufmerksam gemacht: Durch den VfGH-Entscheid entsteht bereits 2012 eine jährliche Finanzierungslücke von 9 Millionen Euro allein an der Universität Wien, ab 2013 fehlen österreichweit jährlich 157 Millionen Euro. 2013 läuft die Regelung zum Ersatz der Studienbeiträge aus.

Engl: "Unabhängig von der politischen Meinung zu Studiengebühren ist klar, dass die Finanzierungslücke seitens des Bundes rasch geschlossen werden muss, um gravierende, negative Auswirkungen auf den Studien- und Lehrbetrieb der Universität Wien zu verhindern."

Das Gutachten werde den Meinungsbildungsprozess vorantreiben: "Dies ist ein zu begrüßender Beitrag. Stillstand ist Rückschritt, dieses gilt insbesondere bei den drängenden Finanzierungsfragen im Universitätsbereich", sagt Engl.

Akademie-Rektorin gegen 'Friss Vogel oder stirb'-Taktik

Eva Blimlinger, Rektorin an der Akademie der bildenden Künste, übt Kritik an Töchterles Vorgehen: "Hier wird eine politische Verantwortung an die Universitäten abgeschoben nach dem Motto 'Friss Vogel oder stirb'. Die derzeitige Idee, es solle kein Gesetz geben und jede Universität solle schauen, ob und wie sie zu Studiengebühren kommt, löst in keiner Weise das Finanzproblem der Universitäten - und das ist das Hauptproblem." Sie gibt dem Wissenschaftsminister folgende Frage zurück: "Und vor allem welche Konsequenzen wird es geben, wenn Universitäten beschließen, keine Studiengebühren einzuheben?"

Blimlinger will jedenfalls an ihrer Uni keine Gebühren: "Ich kann mir derzeit nicht vorstellen an der Akademie der bildenden Künste Studiengebühren von allen Studierenden einzuheben, derzeit müssen ja bestimmte Gruppen von Studierenden ohnehin schon zahlen."

"Große Sorge" in Klagenfurt

"Die jahrelangen politischen Versäumnisse dürfen nicht auf dem Rücken der Jugend und damit der Zukunft unseres Landes ausgetragen werden", sagt der Rektor der Universität Klagenfurt, Heinrich C. Mayr, in einer Aussendung. Er beobachtet die derzeitige Entwicklung mit großer Sorge: "Es ist höchste Zeit, dass sich die Regierungsparteien auf eine tragfähige und zukunftsorientierte Universitätenfinanzierung einigen."

Die Fortschreibung des Budgets bedeutet, dass den Universitäten in den Jahren 2013-2015 real knapp 10 Prozent weniger Mittel zur Verfügung stehen werden, das sind rund 250 Millionen Euro pro Jahr, sagt Mayr und bezieht sich auf einen vom Wissenschaftsministerium selbst ermittelter Wert.

Töchterle versucht in den Augen Mayrs "sein Bestes", diese Finanzierungslücke mit einer "Unimilliarde" auszugleichen, "im Reigen von Sparzwang und Bankenrettungen scheint diese Finanzspritze jedoch ungewiss."

Bast: Probleme werden an Unis abgewälzt

Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst in Wien, kritisiert in einer Stellungnahme gegenüber derStandard.at, dass man die Universitäten in die Lage versetzen will, sich zusätzliches Geld von den Studierenden zu holen. Österreich sei das Land mit der weltweit höchsten Steuerquote für den Mittelstand und einem international vergleichsweise bescheidenen Stipendiensystem. (burg, kap, lis, rwh, derStandard.at, 18.10.2011)