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Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt - nach Streiks und Säbelrasseln hat man sich nun relativ rasch geeinigt.

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Die 165.000 Arbeiter und Angestellten der Metallindustrie dürfen sich ab 1. November 2011 über deutlich mehr Geld freuen. Sie erhalten im Schnitt um 4,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt, Hilfsarbeiter um bis zu 5,3 Prozent zusätzlich. Außerdem wird die Elternkarenz deutlich ausgebaut. ÖGB-Präsident Erich Foglar ist mit dem Ergebnis zufrieden. Damit werde die Kaufkraft gestärkt, was der Konjunktur zugute komme und dem Wirtschaftsstandort nütze. Die stärkere Anhebung bei den unteren Einkommensgruppen ist für den ÖGB-Chef ein wichtiges Zeichen für die Niedrigverdiener, die in der Mehrzahl Frauen seien. "Das ist ebenfalls ein wichtiger Impuls für die Binnennachfrage, denn bei Niedrigverdienern fließt fast das gesamte Einkommen in den Konsum."

Auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl zeigt sich erfreut, dass der Konflikt durch Verhandlungen und nicht durch Streiks gelöst wurde. "Streiks bringen nichts, sondern beeinträchtigen das Vertrauen von Investoren in den Standort", betont Leitl. "Ich bin erfreut und erleichtert, dass unsere Verhandler mit Vernunft den Weg der Verhandlungen und nicht der Kampfmaßnahmen gegangen sind". Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) begrüßt die Einigung ebenfalls: "Sie haben den erfolgreichen Weg der österreichischen Sozialpartnerschaft fortgesetzt, der sowohl die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Mittelpunkt stellt als auch den Wirtschaftsstandort im Auge behält", so der Bundeskanzler.

Erfreulich sei der gute Lohnabschluss für die niedrigeren Einkommensgruppen, von dem vor allem Frauen profitieren. "Der Lohnabschluss stärkt die Kaufkraft der Menschen mit niedrigen Einkommen. Das hilft den Menschen und der Konjunktur". Die verhältnismäßig starke Anhebung der unteren Löhne sei auch ein gutes Signal für die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen, zeigt sich der Bundeskanzler überzeugt.

Erfreut über den Abschluss für die Metallindustrie, für den Bergbau und für den Gas/Wärme-Bereich zeigt sich auch der Vorsitzende der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG), Wolfgang Katzian. Ziel der Gewerkschaft bei dieser Auftakt-Lohnrunde sei gewesen, "die Ängste und Sorgen der Menschen mit kleinem Einkommen zu mildern". Der Abschluss sei ein richtiges Signal. Vom stärkeren Plus für die Bezieher niedriger Einkommen würden besonders Frauen profitieren, auch die Anrechnung der Karenzzeiten sei ein "Meileinstein". Der Abschluss habe "Symbolkraft für die weiteren Kollektivvertragsverhandlungen".

Lob gibt es auch von Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ). "Ich bin froh, dass die Verhandlungen diesen Verlauf genommen haben und dieses Ergebnis gebracht haben", meinte er in einer Stellungnahme. "Das zeigt, dass die Sozialpartnerschaft sehr gut funktioniert."

Sorge bei der Industrie

Nicht erfreut ist hingegen der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Veit Sorger, der den Abschluss als "große Bürde für die Unternehmen angesichts der schwierigen konjunkturellen Entwicklung der nächsten Zeit" bezeichnet. Insgesamt sei das Ergebnis zur Kenntnis zu nehmen, so die Industrie. Man bringe grundsätzlich Verständnis dafür auf, dass niedrigere Löhne höher angehoben werden sollen, wenngleich die Abschlüsse für die überwiegend im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen "zu hoch" seien. Dadurch werde der Rationalisierungsdruck für die Unternehmen weiter zunehmen - verstärkt durch die sich abschwächende Konjunktur. Sorger bedauert auch, dass die Chance auf EBIT-abhängige Einmalzahlungen nicht genutzt wurde.

Respekt zollt der IV-Präsident dem Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Christoph Hinteregger, und seinem Team angesichts der "schwierigen Verhandlungssituation". Deutliche Kritik übt er hingegen an den Arbeitnehmervertretern, die "mutwillig vom Zaun gebrochenen Streiks" nach der zweiten Verhandlungsrunde seien "völlig unverhältnismäßig und standortschädlich". Derartige "überzogene und offensichtlich lang vorbereitete Maßnahmen" hätten in den im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen völliges Unverständnis hervorgerufen.

300 Millionen

Die Industrie kostet der Abschluss rund 300 Mio. Euro. Der Einigung am Dienstag um vier Uhr in der Früh in der Wirtschaftskammer-Zentrale in Wien war ein 14-stündiger Verhandlungsmarathon und ein Warnstreik vorausgegangen.

Konkret sieht das Ergebnis der Kollektivvertragsverhandlungen so aus (Ist- und KV-Löhne sind diesmal gleich hoch): Die untersten Beschäftigungsgruppen A und B erhalten um 4,4 Prozent mehr, durch eine Mindestaufzahlung von 80 Euro kommen sie unterm Strich auf ein Lohnplus von 5,3 Prozent. Die Gruppen C und D erhalten 4,3 Prozent zusätzlich, die Gruppen E und F 4,2 Prozent, die Gruppe G 4,0 Prozent und die Topverdiener (H, I, J, K) 3,8 Prozent mehr. Der Mindestlohn für die nächsten zwölf Monate liegt bei 1.583 Euro, nach zuletzt 1.515 Euro brutto.

Ausnahmegenehmigungen

Betriebe mit einer schwachen Ertragslage erhalten Ausnahmegenehmigungen. Wie diese genau aussehen, wurde am Dienstag in der Früh von den Verhandlern noch nicht präzisiert. Mit einem durchschnittlichen Plus von 4,2 Prozent liegt der Abschluss jedenfalls erheblich über der Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate von 2,8 Prozent, die als Basis für die Kollektivverhandlungen herangezogen wurde. Auch die zuletzt hohe Inflationsrate von 3,6 Prozent wurde damit abgedeckt.

Die künftige Regelung der Elternkarenz bringt ebenfalls deutliche Verbesserungen für die Arbeitnehmer. Bisher wurden zehn Monate für ein Kind für die Gehalts-Vorrückung angerechnet, ab 1. November werden 16 Monate für jedes Kind berücksichtigt.

Kontruktive Gespräche

Christoph Hinteregger sowie Alfred Hintringer auf Arbeitgeberseite und Rainer Wimmer (Pro-Ge) sowie Karl Proyer (GPA) auf Gewerkschaftsseite bedankten sich nach der Einigung vor Journalisten beim Gegenüber für die konstruktiven Gespräche. Die angespannte Stimmung nach den Warnstreiks Ende der vergangenen Woche war schon bald nach Beginn der Verhandlungen am Montag wie verflogen. Wimmer betonte aber nach Verhandlungsende, dass der Arbeitskampf notwendig war, um der Arbeitgeberseite die Entschlossenheit der Belegschaft klar zu machen. Lapidarer Kommentar von Hinteregger: "Wir hätten darauf gerne verzichten können."

Am Mittwoch beginnen die Lohnverhandlungen für die rund 450.000 Handelsangestellten. Kein anderer Kollektivvertrag umfasst mehr Beschäftigte, die Mehrheit davon sind Frauen. Eine zentrale Forderung der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) ist deshalb die Anrechnungszeiten der Elternkarenz, so Proyer nach Abschluss der Metallerlohnrunde. (APA/red)