Eine Ansichtssache zeigt den Weg des Land Rover durch die Werkstatt bis in den Container.

Foto: Benedikt Loebell

Alles begann am Strand in Cape Town im Jänner 2011. Da wurde ich gefragt, wen ich auf meiner letzten siebenwöchigen Reise durch den Osten des afrikanischen Kontinentes mit Ziel Cape Town am eisten vermisst hätte. Nach langer Überlegung fiel mir nur meine Schwester ein. Da diese dieses Jahr im Sommer in die USA ziehen würde, dachte ich mir, dann ziehe ich auch weg ... Wohin? Cape Town natürlich!

Ideen, wo anders hinzu gehen, hatte ich in den letzten Jahren viele gehabt: St. Petersburg, Tel Aviv oder auch Bogota - wo ich geboren wurde. Leider war es mir bisher nie gelungen, meine Ideen zu realisieren. Doch dieses Mal sollte es klappen. Der Gedanke entwickelte sich Anfang Februar 2011 zu einem ausgewachsenen Plan. Ich wollte am zehnten Jahrestag meiner Ankunft in Wien - dem 1.10.2001 - die Stadt auf unbestimmte Zeit wieder verlassen Und Kapstadt - die Hauptstadt der Fotografie am afrikanischen Kontinent - bot sich hierzu besonders an. Ein weiterer, mir wichtiger Punkt: es ist der am weitesten entfernte Punkt von Österreich, der trotzdem noch in der gleichen Zeitzone ist.

Die Vorteile, dass es dort zwei Weltmeere, tolle Berge, geniale Menschen und eine wunderbare Natur sowie eine fast unbeschreiblich tolle Wetterbeständigkeit gibt, haben mich noch mehr dazu bewogen, diesen Plan in die Realität umzusetzen. Ich hatte mich vor einem Jahr unglaublich wohl und heimatlich dort gefühlt - also warum sollte ich noch warten? Mein Umkreis war erstaunt, gleichzeitig aber auch sehr unterstützend, als er von meinem Plan erfuhr. Einige Ausnahmen bestätigen immer die Regel. Aber auch diese Menschen hatten mit ihren Bedenken Berechtigung. Es ist eine nicht ganz ungefährliche Strecke, die ich mir vorgenommen habe und ganz alleine ... Naja, den Mutigen gehört die Welt!

Bald nach den ersten Gedanken - Soll ich es wirklich umsetzen?, Lieber doch nicht!, Was wird die Familie, was werden die Freunde oder mein berufliches Umfeld dazu sagen? - kam ein sehr wichtiger äußerer Faktor hinzu: der arabische Frühling. Dieser Faktor hat mich bis jetzt, wenige Tage vor meiner Abreise, begleitet. Aber dazu später mehr.

Die Reiseroute, dies war von Anfang an klar, müsste mit dem Auto zu bewältigen sein. Meinen Land Rover Defender 110 hatte ich seit dem Jahr 2006 schon in die Richtung des "perfekten Autos" gepimpt. Einige Modifikationen müssten noch gemacht werden, Papiere besorgt etc., aber das sollte sich in der verbleibenden Zeit schon machen lassen.

Traum und Wirklichkeit

Plan des Auswanderns: Mit dem Auto nach Cape Town fahren um dort ein Leben als Fotograf zu beginnen.

Realität: Anfang August entschied ich mich schlussendlich, den Plan tatsächlich zu verwirklichen. Nach ersten Anrufen bei der Südafrikanischen Botschaft, einigen Treffen mit Michi Waldl, der in den kommenden Wochen einiges an meinem Auto verändern würde, Gespräche mit dem Gesandten des Außenministeriums Peter Launsky über die Lage in den Ländern Afrikas und der Nachfrage beim ÖAMTC nach einem „Carnet de Passage", musste ich mich nun mit der Realität des Auswanderns und des alleine Reisens auseinandersetzen.
Recht bald bemerkte ich, dass mein Hauptproblem das Übersetzen auf den afrikanischen Kontinent sein würde. Der bis dahin recht einfache Fahrplan mit dem Auto von Österreich über Ungarn, Serbien, Bulgarien, die Türkei, nach Syrien und Jordanien zum Roten Meer zu fahren und mit der Fähre nach Ägypten weiter zu reisen, würde wegen der aktuellen syrischen Ausschreitungen nicht möglich sein.

Eine RO/RO Fähre (engl. Roll on Roll off Ferry) von der EU nach Ägypten hätte es bis Juni noch gegeben, doch diese wurde aus sicherheitstechnischen Gründen eingestellt. Also keine Ro/Ro Fähre. Außer einer, die voraussetzte, dass ich mein Auto am Hafen für eine Nacht, dann drei Tage auf der Fähre und dann noch mal drei Nächte unabgesperrt in die Hände fremder Menschen zwischen Genua und Alexandria geben würde. Ein unüberwindbares Hindernis und eine Unmöglichkeit angesichts der Tatsache, dass ich mein „gesamtes Leben" in diesem Auto transportiere.

Es kam also nur ein Container in Frage. Der Container von Genua nach Alexandria war zu teuer, weil ich dann hinterher fliegen müsste. Der Container nach Mombasa oder nach Dar es Salam kam auch nicht in Frage - ich wollte doch die Reise machen und nicht runter fliegen. Ganz zu schweigen von den Kosten die sich bei ca. 3.300 Euro einpendeln würden (ohne eventuelle „Bestechungszahlungen" vor Ort um das Auto wieder aus dem Container heraus zu bekommen). Man kann sich vorstellen, dass ich schier wahnsinnig wurde.

Aber damit nicht genug: Als dann das Auto so weit fertig war (Wassertank eingebaut, Kupplung gewechselt, Masseschwung getauscht, Lichter auf der Galerie montiert, Steckachsen gewechselt, Öle erneuert, Ventilator im Autoinneren angesteckt, Batteriesysteme installiert und all die anderen Dinge, die zu einem Top fitten Auto gehören), wurden routinemäßig die Reifen gewechselt. Hierbei rutschte der Wagenheber ab und bohrte sich in die Abdeckplatte des Getriebes. Und das zwei Tage vor meiner geplanten Abfahrt am ersten Oktober ...! Ich war der Verzweiflung nahe. Also Deckel in Lichtgeschwindigkeit organisiert, neuen Deckel bei der Tankstelle montieren lassen, Öl rein, fertig. Grad noch mal gut gegangen. Nun also los ...

Überraschung aus dem Motorraum

Zwei Tage später, ich hatte meine Abreise schon in weiser Voraussicht verschoben, war ich gerade auf der Autobahn unterwegs zu Michi Waldl in die Werkstatt in den Süden Wiens, als ... Rummms!!! Rauch von unterhalb des Sitzes, verdammt! Was war los? Schleifendes Geräusch. Der Motor ging noch, Abfahrt von der Autobahn, Auto bleibt stecken, es bewegt sich nichts mehr, dann, mit hoher Drehzahl geht's doch. Ich fuhr bis zur Werkstätte, dort stellt sich heraus, Deckel war erneuert und das Getriebeöl war nachgefüllt worden, der Deckel war aber nicht ordnungsgemäß verklebt worden... Das Öl war dünnflüssiger geworden und einfach durch die Ritzen ausgeronnen! Folge: Getriebeschaden. Phantastisch!!!!

Wieder zwei Tage vor der dann geplanten Abreise. Dann wurde ich krank. Und hatte immer noch keine Option, das Auto nach Afrika zu bringen. Ich wollte schon alles abblasen und dem "schlechten Omen" seinen Tribut zollen, als plötzlich von verschiedener Seite Hilfe kam: Das Getriebe wurde schneller als erwartet geliefert, die letzten Modifikationen am Auto fertig gestellt und geprüft, ob nun tatsächlich nichts mehr schief gehen konnte. Und: ein Bekannter vermittelte mir eine Schweizer Firma, die zu angemessenen Preisen mein Auto per Container von Genua nach Alexandria schiffen würden. Es würde doch noch alles funktionieren! Einen Tag später hatte ich die Buchungsbestätigung auf dem Schreibtisch liegen. Ich war hingerissen. Alles würde klappen! Montag den 10.10.2011 war ich dann auch schon mit dem vollbepackten Auto unterwegs nach Genua. Am Dienstag den 11.10.2011 um 10.00 Uhr fuhr ich mein Auto in den Container, um es auf den Frachter zu verladen.

Dienstag den 18.10 geht's um 15:40 Uhr mit dem Flieger nach Alexandria. Mal sehen, wann und in welchem Zustand ich mein Auto dort wieder finde!

Die Reise kann nun endlich und mit 18-tägiger Verzögerung losgehen...Mein Abenteuer fängt an.