Herbert Prohaska ist derzeit der Aufdecker der Nation. Eindrucksvoll demonstriert er am Sonntag im Interview mit der Presse, wie es in Österreich manchmal läuft. Er wollte seinem Freund Andreas Ogris nur "ein bisschen helfen", als er ihn Willi Ruttensteiner als Coach des U19-Nationalteams empfahl. Natürlich lag diese Vermutung nach der vieldiskutierten TV-Runde schon relativ nahe, nun hat Prohaska seine Motivation aber ohne Genierer offengelegt. Womit wir gleich bei einer moralischen Frage wären: Ist es immer und absolut verwerflich, einen Freund zu empfehlen? Nicht unbedingt: Ist man tatsächlich davon überzeugt, dass es für das zur Diskussion stehende Amt keinen Besseren gibt, ist eine solche Empfehlung legitim. Steht die besagte Freundschaft aber vor dem Kriterium der Qualifikation, begibt man sich in den Bereich der "Freunderlwirtschaft". Und genau dies ist in der vorliegenden Causa bei aller gebotenen Vorsicht anzunehmen, Lizenz hin oder her.

"Ich wäre kein Freund, hätte ich es nicht getan", schiebt Prohaska gleich hinterher. Ein fataler Irrtum, denn in Wahrheit erwies er Ogris einen Bärendienst. Er lieferte ihn sorglos dem Gespött in Kolumnen, in Foren, am Stammtisch aus. Er vermittelte das Bild eines Andi Ogris, der Hilfe braucht, der selber nichts auf die Reihe kriegt. Machen gute Freunde so etwas? Nie und nimmer. Erschwerend kommt für Prohaska hinzu, dass Ogris kein Unbekannter ist, Ruttensteiner muss ihn ja ohnehin am Radar haben. Empfehlungen gibt man für Insider-Tipps ab, aber nicht für einen der bekanntesten Ex-Fußballer Österreichs. Tut man es doch, gerät man automatisch und zu Recht unter Verdacht, Druck ausüben zu wollen. Noch dazu wenn man analytisches Sprachrohr der beiden größten Medienhäuser des Landes, also Krone und ORF, ist. Und diese anschließend nutzt, um die nicht nach Wunsch gelaufenen Entscheidungen zu kritisieren.

Prohaska gibt sich zugleich als Lobbyist und Richter. Ein Interessenskonflikt, schlichtweg unvereinbar. Aber irgendwo symptomatisch für Österreich, nur wäre in Politik oder Wirtschaft niemand so naiv, diese Vorgänge freiwillig offenzulegen. "Das hat mit Verhaberung nichts zu tun", sagt Prohaska der Presse weiters. Österreichs Kicker-Legende beschreibt im Detail einen Akt der "Verhaberung", meint aber anschließend, das hätte mit einer solchen nichts zu tun. Das lässt nur noch einen Schluss zu: Prohaska hat schlicht und einfach nicht verstanden, worum es geht. Und tatsächlich: Die Art und Weise in der diese Dinge der Öffentlichkeit erzählt werden - selbst mit einer guten Woche Bedenkzeit! -, lässt erahnen, dass Prohaska sich des Unrechts nicht bewusst ist. Das Unrecht ist zur Selbstverständlichkeit verkommen, man sieht es gar nicht mehr. Würde Prohaska begreifen, dass sein Handeln zutiefst unmoralisch ist, würde er es wohl nicht derartig breit treten und verteidigen. Ein User meinte zuletzt auf derStandard.at: "Prohaska sieht den Sumpf von innen und nicht von außen." So wird es wohl sein. Und im Inneren des Sumpfes verliert man leicht den Überblick. Man kann dann noch verzweifelt um sich schlagen, U19-Coach Rupert Marko schlechtreden und Ruttensteiner der Lüge bezichtigen. Die Gefahr des Versinkens wird dadurch aber auch nicht mehr kleiner. (derStandard.at; 16. Oktober 2011)