Prag - Eine neue europaweite Plattform soll die Aufarbeitung der Geschichte der totalitären Diktaturen des 20. Jahrhunderts vorantreiben. Der Gründungsvertrag ist am Freitag im Beisein der Ministerpräsidenten von Tschechien, Polen und Ungarn in Prag unterzeichnet worden. Die Regierungschefs nahmen dort an einem Treffen der vier Visegrad-Staaten teil. Es fehlte allerdings die slowakische Premierministerin Iveta Radicova, die sich wegen der derzeitigen Regierungskrise vom slowakischen Botschafter in Tschechien vertreten ließ.

Insgesamt sind 19 Institutionen aus 13 EU-Ländern an der Plattform beteiligt. Mit der gemeinsamen Aufarbeitung der Diktaturen werde ein Zeichen für Demokratie gesetzt, sagte der deutsche Bundesbeauftragte für die Unterlagen der DDR-Staatssicherheit, Roland Jahn, der Nachrichtenagentur dpa. Europa definiere sich nicht allein über die Gemeinschaftswährung Euro. Die Formulierung von Wertemaßstäben werde auch international ein Zeichen setzen, sagte Jahn. Schon jetzt sei das Interesse aus den Ländern des "arabischen Frühlings" groß, sich in Europa etwa über die Sicherung und Nutzung von Akten zu informieren.

Die neue "Plattform für das Gedächtnis und das Gewissen Europas" soll die öffentliche Diskussion über die totalitären Diktaturen des Nationalsozialismus und des Kommunismus verstärken. "Die Erinnerung an die Menschheitsverbrechen des letzten Jahrhunderts wird auf eine neue Ebene gehoben", sagte Hans Altendorf, der Direktor der Stasiakten-Behörde, bereits am Donnerstag. Die Einmaligkeit und Besonderheit des Holocaust werde dabei in der Präambel explizit herausgestellt.

Die Plattform soll mit Büros in Prag und später auch in Brüssel vertreten sein. Eines der ersten konkreten Projekte sieht vor, Unterrichtsmaterialien zu erarbeiten, die grenzüberschreitend einsetzbar sind. Eine Anschubfinanzierung erhält die Plattform von der Visegrad-Gruppe. (APA)