Ein Kunstraum, der nach Schienen sucht: Z6, dem adaptierten ÖBB-Wagon, droht die Schrottpresse.

Foto: Z6

Linz – Die Quote macht's – auch und gerade in der Kunst. Und so blockierten Robert Hinterleitner, Marek Gut und Florian Knopp 2006 mit ihrem zum Kunstraum adaptierten ÖBB-Fernreisewagon eine Straße im Linzer Stadtteil Urfahr. Wer weiterwollte, musste durch den Z6. 800 Fußgänger zählte man in dreieinhalb Stunden, hochgerechnet bedeutet dies, dass der Z6 der bestbesuchte Kunstraum Österreichs des Jahres war.

Einer Forderung öffentlicher Mittel wurde aber nicht Folge geleistet. Fünf Jahre lang ließ man daraufhin mit ähnlich ironischen Projekten aufhorchen. Der Z6 war dort zu finden, wo Schienen dies ermöglichten: als Konzertraum (Hugo Wolf meets Fuckhead) in den Montagehallen der ÖBB Linz, als Miniatelier beim Festival Leonart.

Ziel aber war von Anfang an, in ganz Europa mobil zu sein – eine mündliche Vereinbarung mit den ÖBB machte es möglich, das Schienennetz zu nutzen -, die erste große Reise fand 2009 statt. Während das offizielle Linz09 Hubert von Goisern als Kulturbotschafter entlang der Donau jodeln ließ, sandte Z6 die Künstler Nouchka und Alexander Wolf und Leopold Kessler gemeinsam mit einer Abordnung von Linzer Gelsen durch Europa. Auf das Paradoxon von gleichzeitiger Weite und Enge eines Wagons reagierte Joseph Reitsberger als Artist in Residence: Er lebte zehn Tage lang im Wagon und erarbeitete eine komplexe Rauminstallation.

Nun haben die ÖBB die Vereinbarung gelöst und der Kunstraum steht auf einem toten Gleis im Linzer Hafen. Wie es mit dem Z6 weitergeht, wissen die Betreiber noch nicht. Vor einem Leben ganz ohne Kunst wollen sie ihn bewahren. Ein Abend für Interessierte verlief bislang ergebnislos, was vielleicht auch daran liegt, dass man Schienen selbst beisteuern müsste. (Wiltrud Hackl / DER STANDARD, Printausgabe, 15./16.10.2011)