Erdmännchen leben in größeren Verbänden. Nun weiß man, dass sie einander individuell unterscheiden können - und zwar an ihren Stimmen.

Foto: Uni Zürich

Frei lebende Erdmännchen in der südafrikanischen Kalahari-Wüste erkennen Gruppenmitglieder an ihren Stimmen. Zuvor sei diese Fähigkeit nur bei bestimmten Primaten - beispielsweise Affen und Menschen - festgestellt worden, wie Wissenschafter der Universität Zürich berichten.

Andere Individuen an der Stimme zu erkennen, fällt Menschen leicht. Auch gewisse Primatenarten verfügen über diese Fähigkeit. Ob auch weitere in sozialen Verbänden lebende Säugetiere dazu in der Lage sind, war dagegen zumindest unklar. Für Erdmännchen, genauso wie Primaten, ist die vokale Kommunikation äusserst wichtig. Erdmännchen koordinieren ihre Aktivitäten mit Rufen, beispielsweise indem sie andere Gruppenmitglieder über nahende Raubtiere warnen und so die Gruppe zusammenhalten. Verhaltensbiologen der Uni Zürich konnten bereits viele Rufe bei der Kommunikation von Erdmännchen entschlüsseln. Nun weisen sie als Erste nach, dass Erdmännchen in der Lage sind, individuelle Stimmen zu unterscheiden.

Mit einem neuartigen Playback-Experiment an frei lebenden Erdmännchen in der südafrikanischen Kalahari-Wüste simulierten Verhaltensbiologen der Universität Zürich die gleichzeitige Anwesenheit eines Gruppenmitgliedes an zwei unterschiedlichen Orten. Erdmännchen wurden dabei nacheinander zwei unterschiedliche, aber vom gleichen Gruppenmitglied stammende Rufe vorgespielt. Dieses in der Realität unmögliche Szenario wurde einem möglichen Szenario gegenübergestellt, bei dem Erdmännchen Rufe zweier unterschiedlicher Gruppenmitglieder hörten. Gemäss dem verantwortlichen Forscher Simon Townsend reagierten die Erdmännchen auf das unmögliche Szenario stärker als auf Rufe von zwei unterschiedlichen Individuen. Daraus folgern die Wissenschafter, dass Erdmännchen die einzelnen Individuen der Gruppe anhand deren Stimmen unterscheiden können.

Unbekannte kognitive Mechanismen

Erdmännchenverbände sind bestens organisiert und teilen sich ihre Arbeit im Wesentlichen auf drei Gruppen auf: Wächter, Jäger und Babysitter. Bisher ging man davon aus, dass Erdmännchen ihre Artgenossen diesen Gruppen zuteilten, aber nicht differenzierter voneinander unterschieden. Mit ihrem Experiment widerlegen nun die Verhaltensbiologen diese Annahme. Bei beiden Szenarien handelte es sich um Rufe von gleichrangigen Gruppenmitgliedern. "Wir gehen davon aus, dass Erdmännchen die einzelnen Gruppenmitglieder auseinanderhalten können. Wir wissen allerdings noch nicht, welche kognitiven Mechanismen diesem Unterscheidungsvermögen zugrunde liegen und ob die Fähigkeit, Gruppenmitglieder voneinander zu unterscheiden, nur von der auditiven Wahrnehmung abhängig ist", so Simon Townsend. (red)