Vergangenen Freitag wurde im Wiener Messezentrum eine dreitägige Messe unter dem Titel "Multikulturfestival" eröffnet. Was von den Veranstaltern, der Union Islamischer Kulturzentren, als "neue Kommunikationsplattform der Kulturen" gepriesen wurde, entpuppte sich jedoch als Verkaufsmesse und war nur von einer Kultur geprägt.. Wer sich ein Festival mit Beiträgen von Menschen aus unterschiedlichen Ländern erwartete, wurde enttäuscht. Der Schwerpunkt lag auf der Türkei, insbesondere auf der osmanischen Geschichte und Kultur. Angefangen von der historischen Mehterhane-Militärkapelle, hier im Bild mit dem Vorbeter, der inbrünstig das Mehter-Gebet vortrug...

Foto: Yilmaz Gülüm

...bis zum türkischen Volksliteratur-Helden, Nasreddin Hoca (Hodscha) - hier rechts im Bild. Er gilt mit seinen überlieferten Erzählungen voller Schwank und Satire als "Volksweiser".

Foto: Yilmaz Gülüm

Neben Unterhaltung für das türkischsprachige Publikum gab es auch Waren aus der Türkei zu kaufen wie hier im Bild "Pestil". Das ist eingedickter süßer Maulbeersirup mit Walnüssen. Dieser Verkäufer, extra aus der Türkei angereist, trug ebenfalls eine Kopfbedeckung, die an osmanische Zeiten erinnerte.

Foto: Yilmaz Gülüm

Überhaupt hatte man den Eindruck, dass es sich hier mehr um eine Verkaufsmesse als um ein Kulturfestival handelte. Angeboten wurde alles, was das Herz des religiös-konservativen türkischen Einwanderers begehren könnte. Hier sieht man den traditionellen osmanischen Wandteppich, allerdings mit einem eher neumodischeren Motiv: dem Ministerpräsidenten der konservativen AKP Regierung Recep Tayyip Erdoğan.

Foto: Yilmaz Gülüm

Aus der Türkei angereist ist auch die Autorin Emine Şenlikoğlu, die der nationalistisch-islamistischen Milli Görüş nahe steht, und sich in ihren Büchern unter anderem der Rolle von Mann und Frau im Islam oder der richtigen Erziehung von Kindern widmet. Auch die europäische, nicht-islamische Lebensweise wird bei ihr schon einmal angeprangert. Der Andrang der Besucher und Besucherinnen, um eine Unterschrift von der Autorin zu ergattern, hielt sich jedoch in Grenzen.

Foto: Yilmaz Gülüm

Begehrt waren Kopftücher...

Foto: Yilmaz Gülüm

... auch in der modernen Variation mit unterschiedlichen Tragevarianten, wie sie hier die Verkäuferin gerade interessierten Österreicherinnen zeigt. Die drei jungen Frauen sind mit ihrer türkischstämmigen Arbeitskollegin hierher gekommen, die vom Multikulturfestival enttäuscht ist. "Hier geht es nur um das Verkaufen, ich habe mir viel mehr Stände über andere Kulturen erwartet", bedauert sie. Obwohl sie ein Tuch leger um den Kopf gebunden hat, gefällt ihr der einseitige Fokus auf osmanische Themen nicht. "Die meisten Verkäufer können kein Deutsch, die Informationsbroschüren der verschiedenen Stände sind oft auf Türkisch. Aber wir sind hier in Österreich, man muss auch mehr für die Österreicher machen, damit wir überhaupt zusammenkommen", lautet ihre Kritik.

Foto: Yilmaz Gülüm

Dieses Trio ist aus der Türkei angereist, um regional hergestellte Produkte wie etwa Lederpantoffeln....

Foto: Yilmaz Gülüm

...oder Zinngeschirr zu verkaufen

Dieser Verkäufer hat sich auf Fußball-Fanartikel wie Schals und Trikots der Lieblingsmannschaft spezialisiert.

Der Junge hilft seinem Onkel aus und versorgt die ausstellenden Verkäufer mit Schwarztee.

Ein wenig Multi-Kulti war dann doch zu finden. Bei diesem Stand waren nicht alle türkischstämmig. Der Chef des Teams ließ seine Mitarbeiter zwar für das Foto posieren, aber nicht mit uns reden und verweigerte jegliche weitere Auskunft.

Auskunftsfreudiger und sehr beliebt bei den Bersucherinnen war hingegen dieser junge Herr. Ein Vorzeigepolizist mit türkischem Migrationshintergrund, der Interessierte über Berufsmöglichkeiten und das Aufnahmeverfahren bei der Polizei informierte. Wer wollte, konnte den Bewerbungsbogen für den polizeilichen Dienst gleich an Ort und Stelle ausfüllen und abgeben.

Auch das mehrsprachige Plakat der Wiener Polizei vermittelte einen Hauch von Multikulturalität. Es handelte sich hier um eine Maßnahme zur gezielten Anwerbung von Menschen mit Migrationshintergrund für den Polizeidienst.

Das Werbesujet der austro-türkischen Zeitung "Yeni Nesil" ("Neue Generation") wurde auf Deutsch übersetzt. Bei der Zeitung werden mit österreichischen Politikern, die sich zum Thema Einwanderung gegenüber nicht gerade freundlich äußerten, Schlagzeilen gemacht. Das erste Bild mit FPÖ-Chef Heinz Christian Strache und dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider als lächelndes Duo soll die Leser übrigens daran erinnern, was dabei herauskommt, wenn sie nicht wählen gehen.

Der abtretende türkische Botschafter Kadri Ecvet Tezcan war auch bei der Messe anwesend, ebenso wie Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger. Tezcan gab sich in seiner vielleicht letzten öffentlichen Rede als Botschafter diplomatisch. Er mahnte das Publikum die deutsche Sprache zu erlernen und die Gesetze einzuhalten. Am Ende seiner Rede richtete er den überwiegend türkischstämmigen Zuhörern aus, dass „ihr einen starken Staat hinter euch habt." Frauenberger redete vom Reichtum, den Vielfalt mit sich bringt und von gegenseitigem Respekt.

Während das Publikum mehr oder weniger gespannt den Rednern lauschte...

...übten die Musiker der osmanischen Musikkapelle aus Bursa noch mal für ihren Auftritt.

Danach ging es musizierend auf der Bühne weiter. Zuvor gab es noch Koranrezitationen. Das Multikulturfestival war also eigentlich keines, von Multikulti kaum eine Spur, auch nicht von Festivalstimmung. Stattdessen Verkaufsstimmung bei den Ausstellern und ein Begleitprogramm, das wohl besonders auf religiös-konservative Menschen zugeschnitten war. Warum man das Ganze dann auch nicht so benennen kann, ist eine Frage, die unbeantwortet blieb. Denn Multikulti schaut anders aus.

Foto: Yilmaz Gülüm