Ein "entsetzlich viel sagendes" Video soll ich mir heute anschauen, und dann laut Autor, einem Kolumnisten von Österreichs größtem Sportportal laola1.at, "staunen, genießen, lachen, oder weinen". Das klingt vielversprechend, ich erwarte mir großes Kino. Als treuer Leser und großer Fan der Webseite befolge ich natürlich den Rat, und gebe, da mir leider kein Link angeboten wird, auf youtube "Andi Ogris und Leo Aberer" ein. Und dann sehe ich... Nichts! Also keinen schwarzen Bildschirm, sondern einen recht anhänglichen Musikus, der Ogris umklammert und anlabert. Alkohol mag geflossen sein, warum auch nicht, es handelt sich offenbar um eine Festivität, ein Abendessen im Rahmen der TV-Produktion für die Sendung "Das Match". 

Ich bin ratlos, warum sollte ich mir das jetzt anschauen? Mein Horizont hat sich dadurch nicht wie versprochen erweitert. Ich weiß über den Menschen oder Trainer Ogris nicht mehr als vorher. Geht es nur darum, Ogris bloßzustellen, ihn der applaudierenden Menge vorzuführen? Man will wohl beweisen, dass er nicht Real Madrid trainieren kann, deshalb auch der zynische Nachsatz "Warum haben Barca oder Real noch nicht angerufen?" Aber hat wirklich jemand behauptet, Ogris käme für Real oder Barcelona ernsthaft in Frage? Ogris selbst nicht. Und Prohaska? Egal was Prohaska wortwörtlich gesagt hat, leicht verständlich ist, was er gemeint hat: nämlich, dass Ogris die notwendige Lizenz hat, um diese Vereine zu trainieren. Er dürfte es auf dem Papier. Das ist die Aussage. Wer das nicht so wahrnimmt, will es nicht verstehen, braucht einfach einen guten Sager in einer aufgeheizten Stimmung. Und hat mit Andi Ogris ein leichtes Opfer gefunden.

78er-Seilschaft?

Prohaska hat Untragbares erzählt, keine Frage. Er wollte Ruttensteiner Ogris reindrücken und war dann sauer, weil es nicht funktioniert hat. Sofort war medial von der "78er-Seilschaft" die Rede, die sich natürlich auf den Sieg von Cordoba bezieht. Der Begriff führt in die Irre. Zur Erinnerung die Aufstellung von Cordoba: Koncilia, Sara, Pezzey, Obermayer, Strasser, Hickersberger, Krieger, Prohaska, Kreuz, Krankl, Schachner. Trainer Senekowitsch und Pezzey sind nicht mehr am Leben. Koncilia, Sara, Obermayr, Strasser, Krieger, Kreuz haben gar nichts mehr oder sehr wenig zu sagen. Schachner pickt in der zweiten Liga, Hickersberger bezieht eine fette Pension in der Wüste. Bleiben Krankl und Prohaska. Ihre Meinungen werden in den Mainstream- und Boulevard-Medien noch gehört, das liegt aber weniger an Cordoba als an deren herausragenden Karrieren als Fußballer jenseits des Nationalteams.

Wenn es tatsächlich eine Machtkonzentration gibt, dann liegt diese bei der Generation der WM 1998: Schöttel (Rapid), Kogler (Wacker), Kühbauer (Admira), Stöger (Wr. Neustadt), Wohlfahrt (ÖFB), Heraf (ÖFB), Herzog (ÖFB), Mählich (ORF) und Prohaska (ORF), sie sind alle gut versorgt. Eine tatsächliche "78er-Seilschaft", zu der sogar Schinkels gezählt wird (?!?), gibt es schon lange nicht mehr, nicht erst seit der Bestellung Kollers zum Teamchef. Sie ist nur ein Schlagwort. Sonst müsste sich Hans Krankl nicht als Kolumnist verdingen, sondern säße auf irgendeinem Sessel in Hütteldorf. (derStandard.at; 13. Oktober 2011)