Ausstellung "Vrai ou faux?" in der Galerie Senn.

Foto: Galerie Senn

Wien - Historisch betrachtet wurden Salons immer von Frauen initiiert. Sie waren dafür verantwortlich, dass sich die von ihnen geladenen Künstler und Literaten in geselliger Atmosphäre auch gut unterhielten. Die Ausstellung Vrai ou faux? knüpft nun an diese Tradition an. Denn die Künstlerin Véronique Bourgoin konzipierte eine Ausstellung, die einen unterhaltsamen Ideenaustausch zwischen den Arbeiten von 40 internationalen Künstlern forciert.

Eine an einen Salon des 19. Jahrhunderts erinnernde Fototapete verleiht der Galerie einen beschaulichen Anstrich. Gleichzeitig trägt sie zu einer produktiven Desorientierung bei: In der Absicht, die Grenze zwischen "wahr und falsch" als eine zunehmend fließende zu thematisieren, hat Bourgoin nämlich nicht nur Zeitgenossen versammelt, sondern auch historische Drucke und anonyme Fotografien, die sowohl zeitlich als auch inhaltlich perfekt in das Setting passen.

Ein bisschen anders als mit den Drucken und Fotografien aus der Silverbrigde Collection sieht es allerdings mit anderen Arbeiten aus - etwa mit Linda Bildas Plexiglas-Objekten, den Arbeiten von Gelatin oder den performativen Selbstinszenierungen von Boris Mikhaïlov: Wie die meisten anderen zeitgenössischen Arbeiten stehen sie inhaltlich und formal im klaren Kontrast zur feinen Tapete; harmonieren dafür aber untereinander sehr gut. Während sich Mikhaïlov nackt in Interaktion mit diversen Objekten fotografierte, zeigt eine Gelatin-Zeichnung einen aufgeblasenen Hintern.

Ganz offensichtlich nicht echt, aber deswegen noch lange nicht falsch, führt ihre Plastilin-Mona Lisa wieder näher heran an das Thema, das Bourgoin mit einer Reihe gezeichneter und fotografierter Hasen nicht nur spielerisch oder ironisch beleuchtet.

Neben vielen surreal anmutenden Objekten, die teilweise aus der Wand ragen oder auf Zeichnungen abgebildet sind, muss in der Überfülle von Arbeiten vieles erst entdeckt werden: etwa die kleinteiligen Collagen von Hank Schmidt in der Beek, der kunsthistorische Motive neu interpretiert. Oder auch ein paar Blätter, die auf die Arbeit von Adolfo Kaminsky (geb. 1925) verweisen: Jahrelang hat der Franzose im Widerstand gegen die Nazis (und später auch gegen andere Diktaturen) Ausweise und Dokumente in Umlauf gebracht. Er hat also gefälscht und doch alles richtig gemacht.   (Christa Benzer  / DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2011)