Herr Brunbauer sagt: "Tut mir leid. Aber das ist kein Aston Martin. Das ist ein Toyota. Das hört doch jeder."

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Josef Brunbauer hat schon Autotüren aller Marken in der Hand gehabt - tausende, hunderttausende, vielleicht sogar Millionen. Josef Brunbauer ist Wagenmeister beim Hotel Bristol in Wien, er macht seinen Job schon seit 20 Jahren. Jetzt steht Herr Brunbauer vor dem Aston Martin Cygnet, er spürt die Tür, nimmt die Klinke in die Hand, wiegt sie, holt einen Hauch aus, wirft die Türe zu, lässt die Klinke in letzter Sekunde aus. Hört nach. Jetzt ist das blöd. Wir wollen eine Geschichte über einen Aston Martin machen, und Herr Brunbauer sagt: "Tut mir leid. Aber das ist kein Aston Martin. Das ist ein Toyota. Das hört doch jeder."

Jeder wohl nicht, aber ein Autotüren-Profi wie Josef Brunbauer natürlich schon. Und er hat recht. Wo in diesem Fall Aston Martin draufsteht, ist tatsächlich ein Toyota drinnen. Der Cygnet ist eigentlich ein iQ. Das kommt so: Ulrich Bez, der Chef von Aston Martin, wollte unbedingt auch einen Kleinwagen im Angebot haben, für die Stadt eben. Auch ein bisschen schick, aber Hauptsache sinnvoll. Der Antrieb ist da nicht so wichtig. Ob acht, zwölf oder eben nur vier Zylinder, das ist zweitrangig, irgendwann sollte es wohl ein Hybrid oder ein Elektroantrieb sein. Und dass sich Aston Martin mit dem Cygnet leichter tut, europäische Richtlinien zum Flottenverbrauch zu erfüllen, wird wohl auch ein Motiv gewesen sein.

So liefert Toyota den iQ nach Gaydon in die englische Grafschaft Warwickshire, dort kommen andere Sitze rein, schönes Holz, feines Tuch und weiches Leder für den Innenraum, es gibt eine edle Lackierung, nur Motor und Fahrwerk bleiben gleich, und raus kommt ein Aston Martin, der Cygnet eben. In Österreich übrigens: Fängt bei 42.000 Euro an, also durchaus erwachsen, geht bis 56.000, da ist dann aber alles drin und dran. Für Extrawünsche ist Aston Martin aber immer offen.

Josef Brunbauer ist skeptisch. Ja, ein fesches Auto, und in der Stadt - keine Frage - durchaus sinnvoll. Aber: Toyota. Wobei: Nichts gegen Toyota. Und schon gar nichts gegen kleine Autos. Herr Brunbauer klopft die Armaturen ab, keine Limousine, das hört man, aber gut verarbeitet. Die Sitze: sehr fein. Wirklich stabil, schönes Leder. Auch an der Innenseite der Türen: wunderbar abgestepptes Leder. Und Navi und Klima und Audio, alles da. Und, das wird für eine bestimmte Kundschaft auch nicht ohne Relevanz sein: Vorn und hinten prangt das Logo. Aston Martin. Selbst wenn jetzt recht viel Toyota drinnen ist.

Aber üblicherweise fahren vor dem Bristol, der Arbeitsstätte des Herrn Brunbauer, größere Fahrzeuge vor. Praktisch alle Marken und Modelle. Zugegeben, ein Bugatti ist Herrn Brunbauer noch nicht untergekommen, aber sonst alles, auch Aston Martin, also die großen. Aber das häufigste Auto, mit dem die betuchte Kundschaft vor dem Bristol vorfährt: derzeit der Porsche Cayenne. Und Bentley, das ist ja fast schon nichts Besonderes mehr, gehobene Oberklasse. Rolls-Royce - eher selten. Das ist ja kein Auto zum Selbstfahren, und Auto mit Chauffeur, ja, das gibt's noch, aber nicht mehr so oft. Sonst noch: Range Rover, Porsche, eh klar, und halt Mercedes, Audi, BMW. Ganz selten: Maybach. Aber durchaus. Eher Osteuropäer.

Der Westeuropäer neigt hingegen zum Understatement. Außer er ist jung und muss herzeigen, was er hat. Herr Brunbauer sieht das so: Wenn der Hintergrund schon vorher da war, dann bleibt der Hintergrund auch im Hintergrund. Wenn der Reichtum neu ist, dann muss er meist auch hergezeigt werden, also in den Vordergrund.

Bei den kleinen Autos seien bei den Reichen der Mini und auch der 500 Abarth durchaus beliebt, ist dem Herrn Brunbauer aufgefallen. Sonst muss er jetzt anmerken: Die meisten Reichen kommen ja nicht mit dem eigenen Auto, weil sie mit dem Flugzeug anreisen, daher Mietwagen. Eh auch schön. Mercedes, Audi, ein bissl BMW.

Aber unlängst erst ist Herr Brunbauer in einem Ferrari gesessen. Auch nicht lustig. Wie kommt man denn da rein? Und noch schwieriger: Wie wieder raus? Mit dem Rücken darf man da nichts haben.

Er selbst fährt übrigens VW Touran, ein ideales Auto, wenn man zwei Kinder hat. Und sein Lieblingsauto? Ein VW Sharan, sagt Herr Brunbauer. Er ist Pragmatiker. Und wenn Geld keine Rolle spielen würde? Dann tät ihn auch kein Auto interessieren. Ein Haus, Reisen, das schon. Dabei liegt ihm auch das Ferne nicht so sehr, reizen tät ihn etwa Berlin, das Hotel Adlon. Ganz wichtig: ein netter Wagenmeister, der ihn vor dem Hotel in Empfang nimmt. Weil erst wenn der Wagenmeister den Gast freundlich in Empfang nimmt, ist dieser angekommen.

Herr Brunbauer geht jetzt noch einmal zum Cygnet, der vor dem Hotel Bristol durchaus für Interesse und Aufmerksamkeit sorgt, da wird auch schon die Kamera gezückt. "Ah geh, so klein und schon ein Aston Martin?" Herr Brunbauer nimmt noch einmal die Tür in die Hand, dann schupft er sie aus dem Handgelenk zu. "Sehr schön", sagt er, "aber man hört schon: Toyota. Ein Aston Martin hört sich anders an." (Michael Völker/DER STANDARD/rondoMobil/Oktober 2011)