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Grafik: APA

Wien - Die Fortschritte der Medizin in Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose und Rehabilitation der Betroffenen in den vergangenen Jahren haben sich buchstäblich ausgezahlt. Im Vergleich zur Situation vor fünf Jahren hat sich die Dauer bis zur Feststellung der Erkrankung nach ersten Symptomen fast halbiert, ebenso die Zeitspanne bis zu einer wirkungsvollen Therapie. Umgekehrt hat sich die Lebensqualität vieler Patienten drastisch erhöht. Dies geht aus dem in Wien präsentierten zweiten "Patientenbericht Multiple Sklerose 2011" nach einer Vergleichsuntersuchung aus dem Jahr 2007 hervor.

Zeit bis zur Diagnose deutlich kürzer

Für den Report wurden 338 Patienten - in Österreich gibt es rund 12.500 Menschen mit Multipler Sklerose - mit einem von Betroffenen mitentwickelten Fragebogen um Auskunft gebeten. Die Hauptergebnisse: 2007 dauerte es 13,63 Monate von den ersten Symptomen bis zur Diagnose, aktuell sind es im Durchschnitt nur noch 6,98 Monate. Bis zur Einleitung einer wirksamen Therapie dauerte es im Jahr 2007 im Durchschnitt 7,43 Monate, derzeit sind es 3,94. Derzeit geben 25 Prozent der MS-Patienten an, dass es ihnen sehr gut geht, 55 Prozent sprechen von einem "eher guten" Gesundheitszustand. Im Jahr 2007 waren die diesbezüglichen Anteile mit 14 bzw. 37 Prozent deutlich geringer. "Eher schlecht" und "schlecht" schätzten im Jahr 2007 49 Prozent der Betroffenen ihre Gesundheitssituation ein, aktuell sind es nur 18 Prozent.

Wesentliche Gründe dafür dürften in der verbesserten Diagnose und Therapie liegen. Moderne bildgebende Verfahren (Magnetresonanztomographie etc.) und Labormethoden erlauben eine frühere Diagnose. Mit Beta-Interferonen, monoklonalen Antikörpern und ersten oral einzunehmenden Medikamenten gegen die MS-Schübe kann die Entwicklung der Krankheit mit ehemals zunehmenden Lähmungserscheinungen und Invalidität gebremst oder gar gehemmt werden. Der Wiener Neurologe Ulf Baumhackl: "Bei keiner neurologischen Erkrankung hat es so viel Fortschritt gegeben wie bei der Multiplen Sklerose." Österreich liege bei der Qualität der Versorgung im internationalen Vergleich an der Spitze.

Viele nicht berufstätig

Defizite gibt es trotzdem: 55 Prozent der Betroffenen sind nicht berufstätig, bei den unter 60-jährigen MS-Patienten sind die Hälfte nicht im Arbeitsleben. Rudolf Müller, Chefarzt der Pensionversichungsanstalt (PVA): "Pro Jahr gibt es in Österreich 35.000 Zuerkennungen von Invaliditätspensionen, 35 Prozent durch psychiatrische Erkrankungen. (...) Die neurologischen Erkrankungen sind mit vier Prozent an fünfter Stelle. Die Hälfte davon entfallen auf Patienten mit Multipler Sklerose."

Müller bestätigte, dass vor allem Probleme bei der ambulanten rehabilitativen bzw. physiotherapeutischen Betreuung existierten. Bei bis zu 40 Prozent Selbstbehalt können sich das die Kranken teilweise nicht leisten. Hier liege es an den Finanzen. Laut Patientenvertreterin Marlene Schmid sind es besonders der Verlust des Arbeitsplatzes, die damit verbundenen starken finanziellen Einbußen und die erhöhten Kosten für Begleittherapien und Transportdienste, welche den Patienten auch in Österreich teilweise schwer zu schaffen machen. Ein neues Medikament, das von den Krankenkassen allerdings noch nicht bezahlt wird, kann übrigens speziell bei Patienten mit progredientem Verlauf der Erkrankung zu einer deutlichen Verbesserung des Gehvermögens führen. (APA)