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Ludwig Huber bei der heurigen Ig-Nobelzeremonie.

Foto:Michael Dwyer/AP/dapd

Wien – Ende September wurden an der US-Universität Harvard die diesjährigen "Ig-Nobelpreise" vergeben, für Forschungsprojekte "that first make people laugh, and then make them think", also die erst zum Lachen, dann zum Denken anregen. Der Preis für Physiologie ging diesmal wie berichtet zum Teil nach Österreich. Die Britin Anna Wilkinson und die österreichischen Forscher Natalie Sebanz, Isabella Mandl und Ludwig Huber wurden für ihre Studie ausgezeichnet, die zeigt, dass Gähnen nicht immer ansteckend wirkt – Köhlerschildkröten bleiben davon nämlich unbeeindruckt.

Ludwig Huber, seit kurzem Professor für Naturwissenschaftliche Grundlagen des Tierschutzes und der Mensch-Tier-Beziehungen am Messerli-Institut der Veterinärmedizinischen Universität Wien, räumt ein, dass der Titel der Arbeit ("No Evidence Of Contagious Yawning in the Red-Footed Tortoise Geochelone carbonaria,") "zum Schmunzeln verleitet". Aber Wissenschaft müsse "nicht immer nur todernst sein", auch wenn das für seine Studie gar nicht zutreffe. Wissenschaft müsse tolerant sein und "man muss die Freiheit hoch halten, dass sich Leute auch mit Randthemen oder wie es heute so schön heißt, auch mit Orchideenthemen beschäftigen können".

Lustig, aber nicht nur Klamauk

Kurz gezögert hat Huber schon, als die Anfrage kam, ob sie die vom Magazin "Annals of Improbable Research" der Harvard-Universität verliehene Auszeichnung annehmen wollen. Ein Blick auf die prämierten Arbeiten der vergangenen Jahre brachten Huber "gemischte Gefühle, weil da durchaus Grenzwertiges dabei ist, aber auch einiges, das ich aus der Wissenschaft kenne". Die Forscher waren sich dann aber schnell einig zuzusagen und sahen "das insgesamt mehr positiv als negativ".

Und weil er eine Reise nach Boston gleich mit beruflichen Terminen verbinden konnte, entschied sich Huber auch, an der legendären Verleihungszeremonie im Sanders Theatre der Harvard University teilzunehmen. Rund um diese standen auch Gespräche der Ig-Nobelpreisträger mit anderen Wissenschaftern, Studenten, Journalisten auf dem Programm und "allein der Nachmittag mit Studenten des Massachusetts Institute of Technology (MIT) war schon die Reise wert", so Huber, der die Zeremonie selbst als "sehr lustig", aber "nicht nur als Klamauk" wahrgenommen hat.

Als Preis erhielt Huber vom Wirtschaftsnobelpreisträger 2010, Peter Diamond, einen "periodic table table" überreicht. Bei diesem nur im Englischen funktionierenden Wortspiel handelt es sich um einen kleinen Tisch mit dem Periodensystem ("periodic table") darauf. Diesen soll, so Huber, Anna Wilkinson erhalten, die Erstautorin der Studie sei und das Schildkrötenprojekt nach Wien gebracht habe. Gemeinsam mit der Britin wurde an der Uni Wien das "Cold Blooded Cognition Lab" aufgebaut, in dem in den vergangenen Jahren bemerkenswerte Kognitions-Studien mit Reptilien durchgeführt wurden.

Schildkrötlerische Empathie kennt Grenzen

So konnten die Wissenschafter an den völlig einzelgängerisch lebenden Schildkröten durchaus Sozialverhalten nachweisen. Die aus Südamerika stammendenTiere, die bis zu einem halben Meter lang und 20 Kilo schwer werden können, lernen auch aus der Beobachtung von bereits erfahrenen Artgenossen, wie sie auf Umwegen zu Futter kommen. Zudem konnten die Forscher zeigen, dass auch Schildkröten den Blicken von Artgenossen folgen. Nach diesen Versuchen wollten die Wissenschafter auch überprüfen, ob Gähnen bei den gepanzerten Reptilien ansteckend ist – ein Verhalten, das laut Huber kognitiv sehr hoch ansetze und etwas mit Perspektivenübernahme und Empathie zu tun habe. Es gebe aber auch die Meinung, dass dieses Mitgähnen reflexartig erfolgt.

Um das zu testen, wurde eine Schildkröte durch Belohnung trainiert, bei einem bestimmten Signal das Maul weit aufzusperren und den Kopf zurückzulehnen, wie beim Gähnen. Doch trotz aller Bemühungen ... dieses Verhalten beeindruckte die Artgenossen nicht, es wurde nicht mitgegähnt. Immerhin brachte das den beteiligten Forschern nun den Ig-Nobelpreis und damit weltweite Aufmerksamkeit für die Arbeit. (APA/red)