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Budgettricks bringen Oberösterreichs Landeschef Pühringer in Bedrängnis.

Foto: APA/Gindl

Wien - Die Statistik Austria hat nun genug vom neuesten Hang zu Budgettricks in den Ländern und Gemeinden. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat ein Erlass der beiden Gemeindereferenten der oberösterreichischen Landesregierung, Max Hiegelsberger (VP) und Josef Ackerl (SP), an die Bürgermeister des Landes. Darin wird festgelegt, dass alle Projekte über ausgelagerte Gesellschaften abzuwickeln sind: "Es hat absolute Priorität, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, anstehende Maastricht-schädliche Darlehensaufnahmen in Maastricht-neutrale Darlehen zu transformieren."

Maastricht steht für jene EU-Bestimmung, wonach die Mitgliedsstaaten ihr Defizit mit drei Prozent, ihren Schuldenstand mit 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzen müssen. In den Staatsfinanzen sind auch die Haushalte der Länder und Gemeinden inkludiert. Beide Ebenen haben - ebenso wie der Bund - immer wieder versucht, Ausgaben in ausgegliederten Einheiten zu verstecken.

Dem schiebt die in der Erfassung der öffentlichen Finanzen kürzlich massiv gestärkte Behörde Statistik Austria nun einen Riegel vor. Ihr Generaldirektor Konrad Pesendorfer unterrichtet Landeshauptmann Josef Pühringer, dass laut neuem Österreichischen Stabilitätspakt "neue geschaffene institutionelle Einheiten binnen zwei Monaten an die Statistik Austria zu melden sind" . Dann wird Pesendorfer konkreter: "Die im Erlass erwähnten Darlehen zur Finanzierung von Gemeindeprojekten würden bei einer derartigen Prüfung (...) auch dann den Gemeindebudgets zuzurechnen sein, wenn sie über eine ausgelagerte Gesellschaft aufgenommen würden ..." Im Klartext: Aus der in Linz konzipierten "Maastricht-neutralen Finanzierung" von Gemeindeprojekten wird nichts. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, wurde eine Kopie des Briefs an Gemeinde- und Städtebund geschickt. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass auch in anderen Ländern die klammen Budgets zu ähnlich kreativen Maßnahmen führen könnten.

Offiziell haben die Gemeinden derzeit rund zehn Milliarden Euro an Schulden. Nimmt man jene ausgegliederten Unternehmen dazu, die sich in Mehrheitsbesitz der Kommunen befinden, dürften nach ersten Schätzungen vier bis fünf Milliarden Euro an zusätzlichen Schulden dazukommen, sagt Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Er geht im Gespräch mit dem Standard nicht davon aus, dass diese ausgelagerten Verbindlichkeiten dem Staat zuzurechnen sind.

Der Großteil der kommunalen Haftungen für die Betriebe, für die letztlich die Gemeinden geradestehen, entfielen nämlich auf die Bereiche Abwasser und Trinkwasser - und diese seien von Eurostat ausgenommen. Maastricht-relevant könnte beispielsweise sein, wenn eine Gemeinde an einem Tourismusbetrieb beteiligt ist, der großzügig Kredite aufgenommen hat, meint Mödlhammer.(Andreas Schnauder, Günther Oswald, DER STANDARD; Printausgabe, 12.10.2011)