ModeratorIn: Lieber Herr Prof. Pichler, danke, dass Sie für uns Zeit haben. Unser Thema heute: Banken und Krise. Liebe UserInnen, wir freuen uns auf eine interessante Diskussion

Stefan Pichler: Ein herzliches Grüß Gott auch von meiner Seite. Ich freue mich schon auf viele spannende Fragen.

Manamana: Würde Ihres Erachtens ein "Konkurs" Griechenlands tatsächilch die Insolvenz einiger Banken bedeuten?

Stefan Pichler: Ja, wenn diese Banken nicht vom Staat vorher aufgefangen werden.

UserInnenfrage per Mail: Waren die Bankenstresstest jemals wirklich aussagekräftig oder hat es sich in Wahrheit nur um Pseudo- bzw. Pro-Forma-Tests zur "Schein-Beruhigung" der Märkte gehandelt?

Stefan Pichler: Diese Srtess-Tests dienen in erster Line der europäischen Bankenaufsicht als wichtige (aber bei weitem nicht einzige) Informationsbasis für die möglichen Reaktionen in Krisenfällen. So gesehen sind sie extrem wertvoll.

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail: Es sei keine Frage, dass die Banken in Europa rekapitalisiert werden müssten sagte gestern EZB-Präsident Trichet. Welches Ausmaß könnte notwendig sein?

Stefan Pichler: Das wird man erst dann genau wissen, wenn klar ist ob und in welchem Ausmaß auch EUR-Staatsanleihen abgeschrieben werden müssen.

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail: Das Problem der drohenden Rekapitalisierung kann in Europa über den Kapitalmarkt vermutlich nicht gelöst werden. Heißt dass eine Rekapitalisierung der Banken nur über Steuererhöhungen finanziert werden kann?

Stefan Pichler: Wenn die Rekapitalisierung quasi "über Ncht" erfolgen muss, dann ja.

UserInnenfrage per Mail: In Sachen Staatsanleihen - die Ratingagenturen scheinen einen großen Einfluss zu nehmen, wo wirken sich die Ratings konkret aus?

Stefan Pichler: Man sollte diesen EInfluss nicht überbewerten, meist spiegeln die Ratings nur die Einschätzungen vieler MarktteilnehmerInnen wider.

Stefan Maly: Es wird regelmäßig behauptet, eine finanztransaktionssteuer verschiebt die ganzen geschäfte in börsen ohne FTT (mit beispiel schweden). ist denn europas realwirtschaft überhaupt in diesem maße auf die ganzen derivat-, eurokurs- und anderen spekulati

Stefan Pichler: Ja. Diese "Wetten" tragen ganz entscheidend zu unserem Wohlstand bei. Dadurch wurd ein Risikoausgleich und eine effiziente Steuerung von Risiken erst möglich. Ohne diese Instrumente wären wir wieder irgendwo in den 30er Jahren...

Crash2k: den banken wurden in hoffnung auf den multiplikatoreffekt milliarden an liquidität zugeführt. tatsächlich sanierten diese damit nur ihre bilanzen. unternehmen verschulden sich in unsicheren phasen eben nicht so gerne, besonders wenn sie selbst schon

Stefan Pichler: Eine bessere Abstimmung von Geld- und Fiskalpolitik wäre sicher wünschenswert. Aber das ist bei so vielen Playern (17 Regierungen, mit teilweise mehreren Parteien + Notenbanken und EZB) schwer möglich.

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail. Es hieß ja immer, die Osteuropa-Krise sei bei den heimischen Banken schon lange ausgestanden. Nun gibt es da ziemlich viel Wertberichtigungsbedarf wie gestern die Erste Group gezeigt hat. Schlummern da noch Risiken?

Stefan Pichler: Risiken gibt es immer, wie das Beispiel UNgarn mit dem "Zwangsumtausch" der Frankenkredite gezeigt hat. So etwas wird man nie vorhersehen können.

Staatssekretär: Die Geldmenge steigt seit Jahren unaufhörlich. - Die Realwirtschaft kann die angehäuften Geldvermögen gar nicht in Waren umsetzen. Gibt es eine Möglichkeit, das Geldvolumen auf eine elegante Weise zu reduzieren oder kann das nur über Inflation erfol

Stefan Pichler: Die EZB kann die vorhandene Liquidität durch "Rückholung" der Ausleihungen wieder "einsaugen". Das hat ja nach 2008/09 ja recht gut funktioniert. Aber eine Inflationsgefahr besteht dabei immer.

dhem: Wie wahrscheinlich ist es, dass eine (Hyper)Inflation eintritt und Papiergeld, Anleihen, usw. entwertet werden?

Stefan Pichler: Null

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail: Die USA stemmen sich gegen die Umsetzung von Basel III. Sind Europas Banken nicht absolut im Nachteil, wenn sie diese Regeln akzeptieren?

Stefan Pichler: Das ist nicht einfach zu beantworten. Es stemmen sich auch in Europa viele gruppen gegen Basel 3. Sinn macht das Ganze aber nur, wenn alle mitziehen. Ich sehe die USA aber nach wie vor an Bord.

Michael Hirschbrich: Ich verstehe das Argument nicht, "Wetten" oder "Spekulation" würden Wohlstand sichern. Warum tun sie das? Wieso sollte eine Börse die sich rein an der Realwirtschaft orientiert, nicht funktionieren?

Stefan Pichler: Wir reden hier nicht von der Börse, sondern von den vielen Millionen Einzelverträgen, wo sich Banken untereinander oder Banken und Unternehmen Geld borgen und quasi "über die Zeit" und auch "über den Ort" verschieben. Manchmal auch über die Grenzen der Währungszonen. Diese geschäfte abfällig als "Wetten" zu denunzieren ist eher eine politische Propaganda als eine echt Charakterisierung.

Crash2k: warum lässt der staat banken nicht einmal in schieflage verfallen, um dann die aktien für einen bruchteil des buchwerts zu kaufen, zu sanieren und dann mit gewinn zu verkaufen? das wäre doch wahrlich die kapitalistischste lösung, bei der der staat s

Stefan Pichler: In der Theorie hat das Argument einen gewissen Reiz. Aber der Kollateralschaden für SparerInnen aund KreditnehmerInnen wäre wohl sehr groß. Aber es müssen auch BankeigentümerInnen an den Verlusten beteiligt sein. Klar.

Dunkin' Donuts: Wie erklären Sie, dass die Dexia noch vor 3 Monaten als beste(!) Bank im Stresstest abschnitt und jetzt von Frankreich und Belgien mit Haftungen von etwa 100 Milliarden € aufgefangen werden muss? So gesehen war der Stresstest wohl eine Augenauswisch

Stefan Pichler: Nein, das war keine Augenauswischerei, weil man damals ein Szenario analysiert hat, in dem alle Euro-Staatsanleihen voll zurückgezahlt werden. Die Zahlen wurden voll publiziert und alle haben sich ausrechnen können, was zB bei einer Insolvenz Griechenlands mit den einzelnen Banken passiert. Und da hat man sofort gesehen, dass Dexia massiv betroffen sein würde.

UserInnenfrage per Mail: Susanne Welteke, München: Ist es deshalb nicht äußerst fragwürdig es zuzulassen, dass Banken ihre Eigenkapitalunterlegung mit selbst konstruierten Modellen (Basel 2 - IRB) berechnen dürfen? Jeder, der solche Modelle kennt, weiß wie stark man hier ma

Stefan Pichler: Diese Modelle werden von den Aufsichtsbehörden intensivst geprüft, manchmal geht das sogar so weit, dass in manchen Bankabteilungen die PrüferInnen der Aufsichtsorgane permanent anwesend sind.

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail: Was halten Sie von der derzeit diskutierten Einführung der Transaktionssteuer auf EU-Ebene? Wäre dies im Moment überhaupt ein günstiger Zeitpunkt? Hat diese auch ohne den wichtigsten europäischen Finanzplatz London die erwartete

Stefan Pichler: Der günstigste Zeitpunkt für die Einfürhung einer solchen Steuer ist sie nie einzuführen. Es gibt kaum eine unintilligentere Möglichkeit "Spekulationsgewinne" zu besteuern. Man müsste immer die Gewinne besteuern, nicht aber die Transaktionen, die ja für sich nichts Schlechtes sind. Eine solche Steuer würde die Liquidität der Finanzmärkte und damit ihre wichtigste Funktion ernsthaft gefährden.

UserInnenfrage per Mail: Egmont Bauernfeind, Sulz. Stichwort Slowakei: Wie groß ist die Bedrohung nach dem vorübergehenden Stopp des erweiterten Eurorettungschirms für das europäische Finanzsystem?

Stefan Pichler: Groß.

Mostbluzza: Weil diese Stresstests nicht mehr als eine Beruhigungspille waren, macht die europ. Aufsichtsbehörde gerade einen Blitz-Stresstest, den wohl keine Bank besteht. Warum ist das dann so?

Stefan Pichler: Hier geht es nicht um "bestehen" oder "durchfallen", sondern um genaue Zahlen, was zB ein Schuldenschnitt Griechenlands wirklich für die Banken in Europa bedeuten würde. Das ist eine sehr wichtige Information für die Politik.

Mostbluzza: Herr Pichler, gehen Sie als Finanzexperte, wie viele andere, auch davon aus, daß die SNB den amtlichen CHF Kurs nicht halten kann und der CHF wieder freigegeben werden muss? Angesichts der FW Kredite wär hier also Aufklärungs- und Handlungsbedarf ge

Stefan Pichler: Ja, die SNB wird den Kurs nicht auf Dauer halten können. Ich rate allen Frankenkreditnehmern, aus diesen unsinnigen Instrumenten auszusteigen, solange sie es noch können.

Graz&Wien: warum wehrt sich gb so gegen transaktionssteuern, wenn alle mitziehen gibt es ja keinen wettbwerbsvor- oder -nachteil?

Stefan Pichler: Siehe oben. Eine solche Steuer ist an sich keine gute Idee.

FinanceGuru: Aufgrund des notwendigen weltweiten Deleveragings werden Banken sich stark verändern müssen - raten Sie noch Ihren Studenten eine Karriere in der Finanzbranche anzustreben?

Stefan Pichler: Ja sicher. Aber es geht auch um eine zukünftige Finanzbranche mit mehr Verantwortung und auch weniger Risiko, vor allem eine Finanzbranche, deren Verluste nicht alle paar Jahre durch die Allgemeinheit abgedeckt werden müssen. Da haben wir sicher noch alle viel zu tun.

UserInnenfrage per Mail: Franzi Freigeist aus Lagerkoller: Kritisch müßte man anmerken, dass jene Experten die Modelle entwickeln und verkaufen, inzwischen auch die Einzigen sind, die die Regulierungen noch durchschauen und weiterentwickeln. Eigentlich erhält sich so eine g

Stefan Pichler: Jein. Das ist sicher eine Eigenschaft jeder komplexen Regulierung, wie zB in der Pharmazie, der Medizin oder in der Chemie. Aber es wird ja nichts geheim gehalten und wir haben sicher allein schon an der WU hunderte Studierende ausgebildet, die perfekt Bescheid wissen müssten ;-)

Peter W01: Warum wird immerwieder ignoriert, verschwiegen, um den heissen Brei herumgeredet, dass jede Währung ihr natürliches Ablaufdatum hat. Denn wenn ich mich nicht ganz täusche, ist Zins+Zinsezins eine Exponentialfunktion, die die Geldmenge immer weiter e

Stefan Pichler: Man kann sehr einfach zeigen, dass auch bei Zins- und Zinseszins ein Gleicdhgewicht ohne exponetielles Wachstum bestehen kann. Ich kann alle, die das nicht glauben wollen, einladen, sich intensiver mit der mikroökonomischen Theorie zu befassen. Es ist einfach falsch, dass es solche Währungskrisen geben MUSS. Was nicht heißt, dass es sie dennoch geben kann.

Peter W01: Die EZB kann die vorhandene Liquidität durch "Rückholung" der Ausleihungen wieder "einsaugen". Das hat ja nach 2008/09 ja recht gut funktioniert. Aber eine Inflationsgefahr besteht dabei immer. ---- Damit müssen aber auch die Zinsforderungen bedient

Stefan Pichler: Nicht unbedingt. Einerseits legen die Banken den Großteil der Liquidität zwischendurch immer wieder bei der EZB an. Außerdem kommt ja wieder das Geld aus dem realen Sektor hinein, dass ja auch wieder investiert werden will.

Maximilian Maier: Bei vielen derivaten Geschäften stehen keine realen Werte gegenüber. Es handelt sich mMn daher nur um einer Wette zweier Marktteilnehmer auf einen Rohstoff (z.B. Kakaobohnen). Man geht immer davon aus, dass auch jeder seine Wettschulden begleichen k

Stefan Pichler: Man "wettet" nicht, sondern schließt heute ein Geschäft ab, das zu einem spätern Zeitpunkt zB durch Lieferung einer Ware oder eines Wertpapiers erfüllt wird. So wie wenn Sie sich einen Neuwagen kaufen, heute den Vertrag abschließen und in drei Monaten das neue Auto abholen. Da sagt ja auch keiner, dass Sie gerade auf die Preisentwicklung von - sagen wir - einem 5er BMW gewettet haben. Die Sache mit dem Ausfallrisiko ist allerdings richtig. Da gibt es aber Mechanismen damit umzugehen, wobei genau die Fehlfunktion dieser Mechanismen 2008 die große Krise ausgelöst hat.

Wo Ge: Ist ein HairCut von Griechenland überhaupt vermeidbar? Wie stabil ist die EZB - sie besitzt inzwischen eine nicht unwesentliche Summe an Staatsanleihen von gefährdeten Staaten (z.B. Griechenland, Portugal)?

Stefan Pichler: Die EZB ist immer stabil. Die schlimmste Konsequenz wäre eine Inflatio, wenn in der Bilanz der EZB dem ausgegebenen Geld drastisch weniger Vermögenswerte entgegenstünden. Aber die EZB kann mittlerweile Inflation weit besser bekämpfen als die Notenbanken in früheren Jahrzehnten.

Dunkin' Donuts: Herr Pichler, ich glaube es würde jeden interessieren, wie einfach es sich zeigen lässt, dass Zins und Zinseszins nicht zu exponentiellem Schuld- und Geldmengenwachstum führen sollen? Oder denken Sie, dass diese Ideologie über einfacher Mathematik u

Stefan Pichler: Ich denke, die Mathematik ist hier auf meiner Seite ;-)

UserInnenfrage per Mail: Was passiert, wenn der Interbankenmarkt völlig erlahmt?

Stefan Pichler: Dann muss die EZB diese Funktion übernehmen (und tut dies aktuell teilweise auch).

Crash2k: würde griechenland freiwillig aus dem euro austreten und seine fremdschulden in (neue) drachmen konvertieren - was es laut geltender rechtslage dürfte - würde das die langfristig billigere lösung für europa sein?

Stefan Pichler: Nein.

UserInnenfrage per Mail: Gerda Blitzer, Wien: Eine atmosphärische Frage: Wie sieht eigentlich das Persönlichkeitsprofil eines idealen Börsenmaklers /eines Investmentbankers aus?

Stefan Pichler: :-) Ich glaube, dass Verantwortungsbewusstsein bzgl der gemeinwirtschaftlichen Auswirkungen des Berufs ein ganz wichtiges Element sein muss.

Mostbluzza: Axel Weber sagte sinngemäß, wer mit der inflation flirtet, muss sie heiraten. die Vorboten sehen wir in Grossbritannien. Wir sehen auch ewig niedrige Zinsen, weil sonst das gesamte System sofort kollabieren würde. Wie kann man behaupten, dass eine h

Stefan Pichler: Die Gefahr ist sicher da. Ich bin kein Notenbanker, sehe aber ein weit besseres Instrumentarium als früher. Vor allem hat die EZB alle wichtigen Informationen sehr zeitnah und viel besser aufbereitet als früher. Auch hat man (hoffentlich) aus den Fehlern früherer Jahre gelernt.

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail: Ein Experte hat jüngst erklärt, dass eine Deutsche Bank eine Griechenlandpleite locker wegstecken könnte. Würde das den heimischen Institute, nachdem sie offenbar nicht ganz so gesund sind wie die angekündigten Wertberichtigungen

Stefan Pichler: Die Maßnahme der Erste Bank, solche extrem konservativen Wertberichtigungen vorzunehmen, zeigt ja wie gesund diese Bank ist. Generell würden die direkten Auswirkungen einer Griechenlandpleite sehr überschaubar sein, jedenfalls für die Großbanken, wo die Zahlen bekannt sind. Die indirekten Auswirkungen durch die Kriese innerhalb der anderen europäischen Banken wären sicher problematischer.

Wo Ge: Im Falle eines "HairCuts" für Griechenland - wie könnte so ein Modell aussehen, damit es keine Vorbildwirkung für andere Staaten darstellt (so könnte man auf einfache Art seine Schulden loswerden)?

Stefan Pichler: Im Gegensatz zu Privatpersonen und Unternehmen kann ein Staat immer sagen, "mir reicht es, ich zahle meine Schulden nicht". Das passiert auch viel öfter, als es in der kollektiven Erinnerung wahrgenommen wird. Der wichtigste Anreiz für einen Staat seine Schulden zu zahlen, liegt darin, dass er auch in der Zukunft wieder Schulden machen will.

UserInnenfrage per Mail: Userfrage per Mail: Denken Sie, wird Österreich ein neues Bankenhilfspaket brauchen bzw. könnten wir uns ein solches überhaupt leisten?

Stefan Pichler: Wenn Griechenland und/oder auch andere Euroländer insolvent werden, dann muss es Bankenpaket auf europäischer Ebene geben. Etwas Österreichspezifisches sehe ich nicht.

zeupiter: Sie erwähnten in einer Antwort 30er-Jahre. Schaut man sich Vergleiche an, sind die Trends hin zur letzten Krisenwelle 2008 inklusive der darauffolgenden Erholung sowie der aktuelle - oft als unerwartet und plötzlich dargestellte - Abschwung sind ver

Stefan Pichler: Ben Bernanke ist der weltführende Forscher zum Thema Great Depression und 30er Jahre. Ich denke, dass man diese Fehler von damals sicher nicht wiederholen wird. Da gibt es Null Anzeichen dafür.

CTRL+ALT+DEL: Durch die Ausnützung von Bilanzierungswahlrechten konnte die Erste ein Ergebnis von +700 auf -700 drehen. Wie kann das sein, sind unsere Bilanzierungsregeln zu "lasch"?

Stefan Pichler: Es waren ja nicht nur Wahlrechte bei der Ersten Bank, sondern großteils neu eingetretene Entwicklungen wie zB in Ungarn. Nur ein kleiner Teil (~180 Mio) kam aus einem anders wahrgenommen Wahlrecht, das aber auch bedingt durch eine Entscheidung jener internationalen Einrichtung, die diese Standards vorgibt. Es klingt blöd, aber gemessen auf die Bilanzsumme sind diese Beträge gar nicht so groß.

Julian Casablancas: herr pichler, bekanntlich hat die finanzkrise und die damit verbundene erhöhung der lebensmittelpreise im nahen osten und nordafrika zu sozialen umwälzungen geführt. glauben sie das es etwas ähnliches auch in europa bzw in den usa geben kann?

Stefan Pichler: Ich bin hier optimistisch, dass so etwas nicht passieren wird. Man wird aber sicher extrem genau auf die sozialen Auswirkungen der sehr turbulenten Phasen in der Wirtschaft schauen müssen. Es kann nicht sein, dass jene die sich werder wehren können, noch für irgendetwas verantwortlich sind, große Nachteile erleiden müssen.

Martin Stix: In einer Frage wurde bereits die Möglichkeit einer Hyperinflation in den Raum gestellt. Historisch gesehen verusachten systemische Krisen wie die aktuelle aber eher eine Deflationsspirale. Sehen sie die Zeit dafür gekommen, in der dann nicht Sachwer

Stefan Pichler: Nein. Sie haben aber Recht, die Deflationsgefahr ist aktuell eher ernst zu nehmen, als die Gefahr einer Hyperinflation.

taffson: Sie sagen, dass es nicht zwangsläufig zu einer ruckartigen Bereinigung (Krise) im heutigen Geldsystem kommen muss. Das sehe ich genau so. Würden die Summe der Abschreibungen auf Forderungen (Insolvenzen) dem Schuldenstand*Zins entgegenstehen, hätten

Stefan Pichler: So wie ich Ihre Frage verstehe, kann man das nicht in 1500 Zeichen beantworten. Eine gute und möglichst relaitätsnahe Risikobewertung durch die Banken ist aber sicher DER Schlüsselfaktor.

FinanceGuru: Ein Hauptgrund der Krisen der vergangenen Jahre ist das mangelnde Finanzwissen der Bevölkerung/Politik (Stichwort Madoff, MEL, Linz). Würden Sie mehr Regulierung oder eine bessere Ausbildung empfehlen?

Stefan Pichler: Beides ;-)

bum jacques: Neben aller Aufmerksamkeit für die "Bankenkrise", sind Versicherer nicht auch in Gefahr?

Stefan Pichler: Wenn es um die Rückzahlung von Staatsanleihen geht, dann sind auch Versicherer in Gefahr.

neri: Herr Pichler, der Economist titelte auf grund der derzeitigen Wirtschaftslage "Be afraid!". Müssen wir, als Privatperson wirklich ängstlich in die Zukunft blicken?

Stefan Pichler: Man kann sich vor allem fürchten. Früher was es halt der Komet, heute ist es das Ende des Geldes :-) Im Ernst: Es gibt schon einen Effekt, der durch den Medienhype verursacht wird. Die ganz konkreten Auswirkungen auf unser tägliches Leben sind möglicherweise gar nicht so groß, wie wir uns das jetzt vorstellen.

UserInnenfrage per Mail: Wie wird die Bankenlandschaft in zehn Jahren aussehen?

Stefan Pichler: Wenn ich das wüsste, würde ich jede Menge "Finanzwetten" darauf abschließen ;-)

aufgeklärtbisheiter: wieso wäre der kollateralschaden groß, wenn der Staat die Einlagen sichert statt die Bank zu retten

Stefan Pichler: Das habe ich nicht so gesagt, glaube ich.

numani: Was ist ihrer Meinung nach wahrscheinlicher bei einem worst case scenario: Hyperinflation oder schwere Rezession ?

Stefan Pichler: Zweiteres.

Duke_x: Warum kehrt Österreich nicht, wie von vielen gefordert, zum Schilling zurück?

Stefan Pichler: Allein der Gedanke an zusätzliche Wechselkursrisiken mit unseren Haupthandelspartnern ist schon schwierig zu Ende zu denken. Es gibt derzeit viel zu viel Risiko in allen Märkten, vor allem im Finanzmarkt. Wenn man da noch welche massiv dazu gibt, ginge das in die völlig falsche Richtung. Zusätzlich hätten wir dann entweder eine große Inflation über Importe oder eine kaputte Exportwirtschaft mit allen Konsequenzen. Von den frankenkrediten gar nicht zu reden...

hirtermadl: muss ich angst um mein erspartes haben (sparbücher! keine aktien o.ä.)?

Stefan Pichler: Echte Angst brauchen Sie nicht zu haben. Aber man sollte sich in Zukunft vielleicht immer informieren und am Laufenden halten.

Dunkin' Donuts: Ich hab noch einen druckfrischen 10 Billionen Mark Schein. Ich überlege, ihn den europäischen Regierungen zu schenken um den Rettungsschirm zu stützen. Dann wäre der Rettungsschirm wohl endlich groß genug und alle Probleme gelöst, oder nicht ;)

Stefan Pichler: Wenn Sie die Werthaltigkeit Ihres Scheins glaubhaft machen können, wäre das eine super Idee :-)

ModeratorIn: Lieber Herr Prof. Pichler, danke für die Abarbeitung der zahlreichen Fragen in Rekordgeschwindigkeit. Alle haben wir dennoch nicht geschafft. Liebe UserInnen, danke für die vielen Beiträge. Allen noch einen schönen Tag.

Stefan Pichler: Ich danke auch für die Einladung und vor allem für die wirklich spannenden Fragen. Ich wette jedenfalls gegen das Ende des Geldes ;-)