Budapest  - Die Ernennung rechtsradikaler Theaterchefs in Budapest schlägt weiter Wellen. Der Oberbürgermeister der ungarischen Hauptstadt, Istvan Tarlos, wies am Donnerstag einen Protest der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste gegen die Personalie scharf zurück. "Ich habe keine Ahnung, was sie (die Akademie) das angeht", sagte Tarlos nach Angaben ungarischer Medien. Dass Kritiker nun "halb Europa vollschreien", sei kein Grund, diese Ernennungen zurückzunehmen, sagte der Politiker der rechtsnationalen Partei FIDESZ weiter.

Die Darmstädter Akademie hatte sich am Dienstag den vielfachen Protesten aus dem In- und Ausland angeschlossen, die sich gegen die Ernennung des bekennenden Antisemiten Istvan Csurka und seines Gesinnungsgenossen György Dörner an die Spitze des Budapester Neuen Theaters (Uj Szinhaz) richten. Dies sei "ein in der europäischen Nachkriegsgeschichte einmaliger und bisher nicht denkbarer Vorgang", hatte die Akademie erklärt. Auch der Dirigent Adam Fischer, die Grazer Autorinnen Autorenversammlung und die IG Autorinnen Autoren hatten protestiert. Am Wochenende hatten rund 2.000 Menschen in Budapest gegen die Personalentscheidung demonstriert.

Tarlos sagte, Dörners Bewerbung sei zwar "nicht sehr niveauvoll", jedoch habe ihn der darin enthaltene "Kernsatz" überzeugt, dem zufolge Budapest ein Theater brauche, das klassische ungarische Dramen in klassischen Inszenierungen auf die Bühne bringe. Der designierte Direktor Dörner hatte in seiner Bewerbung zudem geschrieben, dass er dem "entarteten, krankhaft liberalen" Theaterbetrieb den Kampf ansage. Über den künftigen Intendanten Csurka sagte Tarlos, er sei "einer der größten zeitgenössischen Dramatiker". Csurka, der als Galionsfigur des ungarischen Antisemitismus gilt, hatte bei der letzten Wahl nicht wie sonst die rechtsextreme Partei, sondern die Regierungspartei Fidesz unterstützt, der auch der Bürgermeister angehört.

Nachdem sich  Tarlos gegen den Willen des eingesetzten Fachbeirats für Csurka entschieden hat, gab es bereits zahlreiche offene Briefe aus der Kultur- und Theaterszene.  Die Proteste hoben an, als das Bewerbungsschreiben von Csurka und Dörner im Internet veröffentlicht wurde. Neben der Absicht, dem Haus eine nationalungarische Ausrichtung zu geben und vom liberalen Anstrich zu befreien, spreche aus dem Papier purer Dilettantismus, kritisierten Theaterleute. Aus fachlicher Sicht könne man eine solche Bewerbung gar nicht ernst nehmen.  (APA)