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Barroso glaubt, die Finanzmärkte übertreiben.

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Berlin - Der Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, hat Finanzmärkten und Wirtschaftsexperten vorgeworfen in der aktuellen Schuldenkrise Panik zu erzeugen. In einem Interview der "Bild"-Zeitung kritisierte Barroso zugleich die Euro-Länder. Sie hätten bei der Aufnahme Griechenlands in den Euroraum "massiven politischen Druck" auf die EU-Kommission ausgeübt und Sanktionen gegen Schuldenländer verhindert.

Die Finanzmärkte seien nicht unfehlbar, sagte Barroso in dem Interview. "Früher haben die Experten und Finanzmärkte die Schuldenprobleme eher unterschätzt, heute übertreiben sie manchmal die Risiken und erzeugen Panik."

Die Aufnahme Griechenlands in den Euroraum sei eine politische Entscheidung gewesen, sagte Barroso weiter. Die EU-Kommission habe in einem Bericht von 1998 ausdrücklich erklärt, "dass Griechenland die Kriterien für den Euro noch nicht erfüllt hatte". "Aber es war der politische Wunsch, dass Griechenland aufgenommen wird. Es gab massiven politischen Druck der Mitgliedsländer für eine Aufnahme." Die Entscheidung zur Aufnahme sei dann aufgrund neuer, besserer Daten getroffen worden, die aus Griechenland gemeldet wurden, "ohne dass es auf europäischer Ebene direkte Kontrollmöglichkeiten gab".

Den EU-Ländern warf Barroso zudem vor, wirksame Sanktionen gegen Schuldensünder-Länder "bisher immer wieder durch politische Verhandlungen verhindert" zu haben. "Da ging es nach dem Motto eine Hand wäscht die andere. Damit muss es jetzt vorbei sein. Wir brauchen mehr Disziplin und Integration der Mitgliedsländer."

Troika vor Abschluss

Die Gespräche über Milliardenhilfen für das hoch verschuldete Griechenland stehen Kreisen zufolge vor dem Abschluss. Die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) wolle die Verhandlungen mit der Regierung noch am heutigen Montagabend abschließen, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person zu Reuters. Eine gemeinsame Erklärung solle spätestens am Dienstag folgen.

Die endgültige Entscheidung über die Freigabe der 8 Mrd. Euro großen Tranche aus dem im Vorjahr verabschiedeten Hilfspaket treffen die Finanzminister der Euro-Länder sowie das IWF-Führungsgremium. (APA/Reuters)