Gerhard Kolmitz fährt Motorrad, begibt sich gerne in die Lüfte, und ist mit seinen 70 Jahren wohl der älteste Österreicher der soeben seine Lehre abschloss. Den Lehrabschluss braucht der HTL-Absolvent nun nach einer EU-Regelung um seine Unternehmen weiter führen zu können.

Foto: Kolmitz

Gerhard Kolmitz ist mit 70 Jahren wohl Österreichs ältester Lehrling gewesen. Obwohl, genau so kann man das nicht sagen, denn "eigentlich arbeitete ich schon seit 48 Jahren als Kältetechniker, bevor ich jetzt zur Lehrabschlussprüfung angetreten bin", erzählt der Kärntner Unternehmer. "Als ich die Bundesgewerbeschule für Maschinenbau und Elektrotechnik – das was heute die HTL ist – abgeschlossen habe, war Kältetechniker noch kein eigener Beruf. Jetzt braucht man aber laut EU einen Lehrabschluss, um als Mechatroniker mit Kältemitteln und Gasen arbeiten zu dürfen. Als Selbstständiger in Pension habe ich mir gesagt: Na gut, wenn das notwendig ist, dann mache ich diesen Lehrabschluss."

So kam es auch, dass Gerhard Kolmitz nie in die Berufsschule gegangen ist, sondern gleich zur Prüfung antrat. "Die Theorie wurde mir wegen meines HTL-Abschlusses angerechnet. Was ich brauchte, war die praktische Prüfung vor einer Kommission."

Der Profi bei der Lehrabschlussprüfung

Die Prüfung war für den Kärntner kein Problem. "Natürlich hat mir die langjährige Berufspraxis da geholfen. Wir haben eine Kiste mit Teilen bekommen, aus denen wir innerhalb von drei Stunden eine Kälteanlage mit allen Sicherheitselementen bauen mussten." Mit ihm sind 39 weitere Personen angetreten, 9 davon durchgefallen. ‟Die anderen waren Mitte, Ende 30, einige deutlich jünger", erinnert er sich an die Prüfung.

"Das Durchschnittsalter aller Lehranfänger liegt bei 16,3 Jahren", erklärt dazu Alfred Freundlinger von der Wirtschaftskammer Österreich. ‟Insgesamt waren 2009 knapp 1.000 von 40.000 Lehranfängern 21 Jahre alt oder älter. Viele Erwachsene nutzen die Möglichkeit, zu einer Lehrabschlussprüfung außerordentlich anzutreten. Etwa Lehrlinge im Lehrberuf Brau- und Getränketechnik sind oft schon weit im Erwachsenenalter."

Nach der HTL in die weite Welt

So war es eben auch bei Gerhard Kolmitz. Nachdem er auf der HTL im Schuljahr 1958/59 Maschinenbau abgeschlossen hat, ging er ins Ausland und fuhr zur See. ‟Ich habe als Bordmechaniker angeheuert und bin über diesen Beruf in die Kältetechnik eingestiegen. Ich war dann sechs Jahre in Australien, dann im mittleren Osten." Aber nach fast 25 Jahren im Ausland zog es ihn dann doch wieder nach Hause - in die Heimat.

1991, im Alter von 50 Jahren, machte sich Gerhard Kolmitz mit seiner Firma Criotec in Klagenfurt selbstständig und bildete selbst einen Lehrling aus. "Der Kollege arbeitet nun schon zehn Jahre bei mir." Und es gibt einen Unterschied zwischen dem Jungen und dem Alten. "Früher war alles analog, jetzt ist alles digital. Wir von der alten Garde sind das Bindeglied zwischen beiden Welten. Wir können die analogen Anlagen mit den neuen verbinden, einen Übergang schaffen, oder die alten Maschinen noch reparieren. Die Neuen können das nicht", ist Gerhard Kolmitz stolz auf seine langjährige Erfahrung.

Fünf Jahre bis zum Fischen

Gerhard Kolmitz arbeitet gerne, trotzdem ist sein Wunsch, "dass ich bald einmal die Firma verkaufen könnte. Das würde bedeuten, dass ich noch ein, zwei Jahre dabei bleibe, um auch den Kundenstock weitergeben zu können. Ich rechne damit, noch bis 75 weiterzuarbeiten – aber dann gemma fischen." Ob das mit dem Fischen wirklich stimmt und der umtriebige 70-Jährige dann auch sein Motorrad aufgibt, haben wir nicht mehr gefragt. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 20.10.2011)