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Austropopper Wolfgang Ambros ist im Alter von 58 Jahren Vater von Zwillingen geworden.

Foto: APA/Anton Schönhofer

Reinhard Fendrich war bei der Geburt seines dritten Kindes 55, Wolfgang Ambros durfte sich mit 58 noch einmal über mehrfachen Nachwuchs freuen, Niki Lauda war gar 60 als er Vater von Zwillingen wurde. Doch nicht nur zahlreiche prominente Männer erfreuen sich der späten Vaterschaft, mittlerweile hat jedes vierte Kind einen Vater über 35, jedes zwanzigste Kind das in Österreich geboren wird, einen über 50-jährigen Papa. 

"Spermien sind nicht für die Ewigkeit gemacht", weiß Katrin Zenker, Mitarbeiterin am Erich-Saling-Institut für Perinatale Medizin e.V. in Berlin. Während ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema Frühgeburtenvermeidung ist sie über das hohe Alter vieler Väter gestolpert. Mittlerweile weiß sie mehr: Frühgeburten, insbesondere sehr frühe Frühgeburten (vor der 32. SSW, Anm. Red.) kommen deutlich häufiger vor, wenn Männer über 50 sind, als bei Nachkommen 25 bis 29-jähriger Väter.

Genetische Defekte beim Nachwuchs

Die Fakten sprechen für sich, jedoch wird hier an einem Tabu gekratzt, wie auch Zenker alsbald bemerkte: "Mein eigener Gynäkologe war mit dieser Thematik nicht vertraut." Wenn also von der tickenden biologischen Uhr die Rede ist, dann müssen nach wie vor die Frauen herhalten. Und die weibliche Physiologie dient hier als überzeugender Beweis: Ist das angeborene Kontingent der Eizellen verbraucht, dann ist es auch mit der Zeugungsfähigkeit für immer vorbei.

Männer produzieren dagegen Zeit ihres Lebens Keimzellen, allerdings nagt auch an den Spermien der Zahn der Zeit. "Die Stammzellen im Hoden eines 50-jährigen haben bereits über 600 Zellteilungen hinter sich. Dadurch ist die Zahl der genetischen Defekte beim Nachwuchs bereits doppelt so hoch wie bei einem 25-jährigen Mann", betont Zenker. Neben dem gehäuften Auftreten von Fehl- und Frühgeburten, sind Kinder älterer Väter deshalb öfter von Erkrankungen wie der Neurofibromatose, der Achondroplasie, dem Marfan- oder Apert-Syndrom betroffen. 

Außerdem erhöht sich im fortgeschrittenen Zeugungsalter der Männer die Anzahl psychiatrischer Erkrankungen wie Schizophrenie, Autismus und bipolare Störungen bei den Nachkommen. Eine australische Studie überraschte gar mit dem Ergebnis, dass Kinder älterer Väter weniger intelligent sind.

"Das perfekte Zeugungsalter des Mannes liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr", so Zenker und hält nach diesem Zeitraum eine Adoption für die bessere Lösung. Zu akzeptieren, dass es mit der Zeugungsfähigkeit jedoch dann nicht mehr allzu weit her ist, fällt Frauen wie Männern gleichermaßen schwer.

Schwierigkeiten bei der Fortpflanzung

Frauen kommen an dieser Tatsache aber wesentlich schwerer vorbei, ist doch die Menopause ein ebenso objektiv nachweisbares wie subjektiv intensives Erlebnis. "Der Mann ignoriert gerne die Tatsache, dass er älter wird einfach und schafft sich mit einer jüngeren Partnerin einen Jungbrunnen an", beschreibt Zenker, die sich als Gerontologin auch mit dem Altwerden beschäftigt, wie die Natur die Herren der Schöpfung physiologisch und symptomatisch begünstigt. 

Der männliche Alterungsprozess ist vielleicht nicht ganz so offensichtlich, jedoch stellen sich auch beim Mann oft Schwierigkeiten bei der Fortpflanzung ein. Doch darüber hilft die Reproduktionsmedizin in vielen Fällen hinweg. Sie ist auch mit Grund, warum der Trend später Vaterschaft permanent zunimmt.

Aufklärung gefordert

"In Kinderwunschzentren sollte Vätern höheren Alters von einer geplanten Schwangerschaft abgeraten werden", fordert Zenker mehr Aufklärung in den Beratungsgesprächen. Gynäkologen empfiehlt sie Frauen im Zuge der Familienplanung darüber zu informieren, dass allein ein hohes väterliches Alter für eine Risikoschwangerschaft sorgt. 

"Ältere Väter besitzen ein hohes Verantwortungsbewusstsein und finden sich oft mit viel Verständnis in ihre Vaterrolle ein", lässt Zenker abschließend die Vorteile einer späten Vaterschaft nicht unerwähnt und ergänzt dass diese Eigenschaften, im Fall eines kranken Kindes auch ganz dringend gebraucht werden. (phr, derStandard.at, 12.10.2011)