Wesian zaubert ein Lächeln auf PET-Flaschen.

Foto: Barbara Filips

"Zwei Jahre lang bin ich durch Südamerika gertrampt - und eineinhalb durch Asien. Wer sich so etwas gönnt, sollte das besser Sabbatical nennen in einem seriösen Lebenslauf", erzählt der gebürtige Vorarlberger Martin Wesian. Von seinen Reisen hat er nicht nur schöne Eindrücke mitgenommen, sondern auch eine Cholerainfektion. "Wir in Europa glauben immer, dass diese Krankheit eigentlich längst ausgestorben sein sollte", kommentiert er. Dennoch sei ihm damals noch nicht in den Sinn gekommen, selbst aktiv zu werden im Kampf gegen die Krankheit.

Das kam erst später, als der studierte Wirtschaftsingenieur in seiner Diplomarbeit ein gängiges Verfahren zur Wasserdesinfektion mittels UV-Strahlung verfeinerte. Eine gewöhnliche PET-Flasche wird dabei in die Sonne gelegt, bis das Wasser entkeimt ist. Das größte Problem: Der exakte Zeitpunkt bis zur vollständigen Desinfektion hängt stark vom Verschmutzungsgrad und von der Sonneneinstrahlung ab. Wesian entwickelte deshalb ein einfaches Gerät - den "Wadi" -, das auf die Flasche geschraubt wird und per Smiley signalisiert, wann das saubere Wasser trinkbar ist.

Wesian ist heute der Meinung, dass ihn die eigene Choleraerkrankung durchaus geprägt hat: "Kurz nach der Entwicklung des Wadi war ich bereits am Sprung. Ich wollte mit Ärzte ohne Grenzen nach Kenia gehen. Erst in letzter Minute habe ich mich dagegen entschieden, weil das Interesse am Wadi größer wurde", erinnert er sich. Es war eine kluge Entscheidung, wie sich nun zeigt.

Im März 2011 erhielt Wesians Unternehmen - Helioz - für diese Entwicklung den Neptun-Wasserpreis, der unter anderem vom Lebens- und vom Wirtschaftsministerium vergeben wird. Seitdem ist der "Wadi" mit zahlreichen internationalen Preisen bedacht worden und nun auch für den "World Technology Award" nominiert, der Ende Oktober im New Yorker Uno-Hauptquartier abzuholen wäre. "Es ist vermessen, wenn wir uns da große Chancen ausrechnen", meint Wesian, "dennoch bin ich erstaunt darüber, dass diese Preisegeschichte schon fast zu einem Selbstläufer wurde".

Kein Selbstläufer ist derzeit die Evaluierung, obwohl die Unesco Wesians Projekt unterstützt. Nach einer ersten Machbarkeitsstudie, die in Indien durchgeführt wurde, "wissen zwar wir, dass es funktioniert, aber um den wissenschaftlichen Beweis anzutreten, muss die Studiendauer und das Versuchsfeld ausgedehnt werden", erklärt Wesian. Dennoch hat die indische Regierung bereits Interesse signalisiert, weil sie jährlich rund 22 Milliarden Euro für die Bekämpfung von Krankheiten ausgibt, die durch verunreinigtes Wasser verursacht werden. Durch den Einsatz des "Wadi" erhofft sie sich eine Halbierung dieser Kosten.

In der Herstellung kostet das Gerät nur rund sieben Euro und arbeitet etwa fünf Jahre zuverlässig. "Der Wadi ist bewusst einfach aufgebaut, damit er vor Ort produziert werden kann", sagt Wesian. Dennoch könnten ihn sich Einzelpersonen oft nicht leisten, weshalb gerade eine Zusammenarbeit mit Mikrofinanzinstituten ausgearbeitet wird. "Es reicht, wenn sich eine Dorfgemeinschaft das Gerät anschafft und teilt", sagt der 37-Jährige. "Die Distribution funktioniert aber in jedem Land nach eigenen Regeln. Ziel muss es sein, dass der Wadi bald auf jedem klassischen Bauchladen neben der Shampooflasche steht." (DER STANDARD, Printausgabe, 05.10.2011)