Bei Nadim Khoury, dem Besitzer der Brauerei, wird das Bierglas schnell leer.

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Taybeh ist das einzige palästinensische Bier. Es wird unter Einhaltung des deutschen Reinheitsgebotes gebraut.

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Eine Vorführung des palästinensischen Volkstanzes "Dabkeh".

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Einer der internationalen Besucher: Jean Marie stammt aus dem Kongo und studiert zurzeit Theologie in Jerusalem.

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"Trink die Revolution", war das Motto beim diesjährigen Oktoberfest im palästinensischen Dorf Taybeh. Aus dem gesamten Westjordanland und aus Israel sind tausende Palästinenser angereist. Auch viele internationale Gäste sind gekommen, um mit einem Becher Taybeh-Bier "Prost" zu sagen. Der edle Saft wird im Ort seit 1994 gebraut. Das ausschließlich von Christen bewohnte Taybeh liegt auf einem Hügel inmitten der felsigen Landschaft des Westjordanlandes, etwa 35 Kilometer von Jerusalem entfernt. Ein perfekter Ort zum Bierbrauen - nicht nur weil das Wort Taybeh "lecker" bedeutet.

"Unser Bier ist einmalig. Auch weil das Wasser dafür aus einer örtlichen Quelle stammt", erklärt der Besitzer der kleinen Brauerei, Nadim Khoury. An diesem Sonntagnachmittag hat auch er schon einige Gläser hinter sich. Wie viele eigentlich? "Keine Ahnung", sagt er und grinst. Auch der Kühlschrank im Eck des Büros ist vollgefüllt mit Bierflaschen. Obwohl das Geschäft gut rennt, sei der Export jedoch nicht einfach. Weil Israel alle Grenzen kontrolliere und die Steuern so hoch seien, lasse sich das Bier dort kaum vermarkten. Und in den Palästinensergebieten gäbe es eben viele Muslime, die überhaupt keinen Alkohol trinken, sagt Khoury. Deswegen gibt es mittlerweile auch ein Taybeh-Alkoholfrei.

Insgesamt dürfte es dem 1500-Seelen Dorf jedenfalls gut gehen. Das erkennt man nicht nur an den riesigen Villen, die sich prunkvoll aus der Hügellandschaft hervorheben. Beim Oktoberfest, das dieses Jahr zum siebten Mal stattfand, dürfen auch all jene am Erfolg mit naschen, die sonst nicht Teil des Familienbetriebs sind. "Ein Kebab-Verkäufer verdient hier schon seine 17.000 Shekel (3400 Euro) in zwei Tagen. Um die 14.000 Besucher haben wir diesmal. Das kurbelt die lokale Wirtschaft an", sagt Khoury, dessen Bierbecher mittlerweile leer geworden ist. Taybeh soll nicht nur Spaß machen, sondern auch "lokale Produkte" fördern.

Einer, der solche Produkte herstellt, ist der 44-jährige Suhel. Seit mehr als zwanzig Jahren schnitzt er christliche Ikonen aus Holz. „Dieses Fest bringt mir mehr Einkommen als sonst mehrere Wochen Arbeit", erklärt er und präsentiert seine Produkte stolz. Auch er hat Probleme sein Handwerk zu exportieren. "Diese Kerze verkaufe ich für 2 Dollar an Händler, die es dann für mehr als zwanzig Dollar in den USA und Europa verkaufen." Es sei schwer davon zu leben, klagt er.

Draußen vor der Halle mit den Verkaufsständen sind im Laufe des Nachmittags immer mehr Leute zusammen gekommen. Richtig los ging es aber erst nach Sonnenuntergang. Zuerst fegten junge Frauen und Männer in traditionellen Kostümen mit Volkstänzen über die Bühne, danach heizten palästinensische Hip Hop Gruppen der jungen Generation ein. Doch bei all dem Bierkonsum wollte man auch für die "Sicherheit" sorgen. So wurden kuschelnde Paare von der palästinensischen Polizei gerügt und zum Liebesverzicht genötigt. Palästina bleibt eben auch nach fünf Gläsern Bier noch Palästina. (Andreas Hackl, derStandard.at, 3.10.2011)