Kabul - Afghanistans Präsident Hamid Karzai sieht offenbar keinen Sinn mehr in Verhandlungen mit den Taliban. Lange Zeit war Karzai einer der größten Befürworter der Gespräche. Das Selbstmordattentat auf den Ex-Präsidenten und Vorsitzenden des für die Gespräche mit den Taliban zuständigen Hohen Friedensrats, Burhanuddin Rabbani, habe seine Sicht der Dinge verändert, sagte Karzai in einer am Samstag veröffentlichten Videoaufzeichnung.

"Ihre Boten kommen und töten. Mit wem also sollen wir Frieden machen", fragte Karzai in dem Video, mit dem er sich am Freitag an eine Versammlung ranghoher religiöser Führer des Landes richtete. "Ich kann Mullah Mohammad Omar nicht finden", sagte Karzai über den einäugigen Führer der Taliban. "Wo ist er? Ich kann den Talibanrat nicht finden. Wo ist er?"

Vorwurf an Pakistan

"Ich habe keine andere Antwort, als zu sagen, dass die andere Seite für diese Verhandlungen Pakistan ist", sagte Karzai. Der größte Teil der Führungsriege der Taliban lebt vermutlich in Pakistan und ihr Regierungsrat Quetta Shura tagt in der südpakistanischen Stadt Quetta.

Der afghanische Geheimdienst geht unterdessen davon aus, dass der Mord an Rabbani Mitte September von der Taliban-Führung in Pakistan geplant wurde. Es gebe Dokumente und Hinweise auf eine direkte Verbindung zu einem Ort außerhalb von Quetta, der früher als Taliban-Hauptquartier galt, sagte der Sprecher des afghanischen Geheimdiensts am Samstag in der Hauptstadt Kabul. Afghanistan habe bereits konkretes Beweismaterial, darunter Namen und Karten, an die pakistanischen Behörden übergeben, die nun handeln müssten.

Ob die Taliban an dem Mord beteiligt sind, ist unklar. Ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, in dem sich ein ungenannter Taliban-Sprecher zu dem Mord an dem Ex-Präsidenten bekannte, wurde später in einer Erklärung auf der Taliban-Webseite "Stimme des Jihad" dementiert.

Die afghanische Regierung hatte Pakistan diese Woche dafür kritisiert, dass das Land keine Anstrengungen unternommen habe, den Extremisten ihre Rückzugsgebiete abspenstig zu machen. Und falls Pakistans Geheimdienst - wie es ihm vom scheidenden US-Generalstabschef Mike Mullen vorgeworfen wurde - die Taliban gegen Afghanistan unterstütze, dann müsse die afghanische Regierung mit Pakistan verhandeln und nicht mit den Taliban, hieß es. (APA)