David Ellensohn.

Foto: DER STANDARD/Heribert Corn

STANDARD: Haben Sie die SPÖ noch lieb?

Ellensohn: Weil ich das einmal auf der grünen Landesversammlung gesagt habe? Aber selbstverständlich!

STANDARD: Der Umstand, dass er sich bei sämtlichen grünen Großprojekten querlegt, ließ Ihre Gefühle für den Koalitionspartner noch nicht erkalten?

Ellensohn: Alles wird am Ende gut werden. Da muss man einfach Durchhaltevermögen beweisen. Weder die Öffi-Tarifreform noch die geplante Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung ist ein Problem. Die Beziehung wird von Monat zu Monat besser und beruht auf Gegenseitigkeit - sonst wäre es ja Stalking.

STANDARD: Warum lässt Ihnen die SP über die neue Chefin der Wiener Linien ausrichten, dass die Vorstellungen der Grünen zur Tarifreform nicht finanzierbar sind?

Ellensohn: Ich weiß nicht, wer da wem was ausrichten lässt, zur Wiener-Linien-Chefetage nur so viel: Wenn sie nicht in der Lage ist, die Tarifstruktur, so wie wir sie vorschlagen, umzusetzen, gibt es sicher andere Leute, die das gern machen.

STANDARD: Wann wird man sich mit der SP da einigen?

Ellensohn: Es ist ausgeschlossen, dass die Verhandlungen länger als bis Ende Oktober dauern. Denn das Budget für 2012 muss bis dahin fertig sein.

STANDARD: Über die 365 Euro statt 449 Euro für die Jahreskarte fährt der Zug drüber?

Ellensohn: Wir werden auf jeden Fall die Jahreskarte substanziell günstiger machen. Wir reden also nicht von fünf oder zehn Euro.

STANDARD: Geht es nach den Grünen, soll die Reform mit der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung finanziert werden. Die Bezirksvorsteher halten davon allerdings wenig bis gar nichts.

Ellensohn: Die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung wird kommen. Ziel ist, sie breitflächig über den Gürtel auszubreiten. Und zwar zuerst dort, wo die SP begeistert davon ist.

STANDARD: Bloß hält sich die Begeisterung dafür überall in Grenzen.

Ellensohn: Die geht rauf und runter. Ich glaube, dass am Schluss alle begeistert sein werden. Ich freue mich, wenn wir einen Gesamtplan - also 10., 12., 14., 15., 16., 17. und 18. Bezirk - umsetzen können. Und das ist ja das Schöne an unserem Koalitionspartner: Er ist für Argumente zugänglich.

STANDARD: Inwieweit macht sich die grüne Regierungsbeteiligung bei den Budgetverhandlungen bemerkbar?

Ellensohn: Dass Sozialpolitik angesichts der Wirtschaftskrise zentral ist, ist logisch. Und auch die Bildung ist enorm wichtig: Es geht nicht, dass es so viele 15-Jährige gibt, die Schwierigkeiten mit Lesen und Schreiben haben.

STANDARD: Bleibt da überhaupt noch Geld für das grüne Ressort, Verkehr und Stadtplanung?

Ellensohn: Die zusätzliche Aufgabe ist, dass Wien in den nächsten Jahren wächst. Deshalb müssen wir in Infrastruktur investieren und mindestens 7000 neue Wohnungen im Jahr bauen.

STANDARD: Wo wird Wien sparen, um das alles zu bewerkstelligen?

Ellensohn: Wir glauben, dass das Inserate- und Werbevolumen der Stadt schon sehr hoch ist. Da kann man sicher etwas verändern. Das Budget von Vizebürgermeisterin Vassilakou in diesem Bereich liegt bei unter einer Million Euro, die gesamte Regierung hat 35 Millionen. Das werden wir mit der SP diskutieren.

STANDARD: In Oppositionszeiten haben die Grünen stets die intransparente Budgeterstellung kritisiert. Kann heuer erstmals jeder Wiener nachvollziehen, wofür die Stadt wie viel Geld ausgibt?

Ellensohn: Unser Ziel ist weiterhin, das Budget so darzustellen, dass auch jemand, der nicht Volkswirtschaft studiert hat, imstande ist, es zu verstehen. Ich kann aber nicht versprechen, dass uns das bereits heuer zur Gänze gelingt. (Martina Stemmer/DER STANDARD, Printausgabe, 1./2. Oktober 2011)