Wien - Um das von der Bundesregierung angepeilte Ziel einer Forschungsquote von 3,76 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) bis 2020 zu erreichen, müsste zukünftig vermehrt Geld aus verschiedensten Töpfen kommen. Doch privates Kapital ist ein scheues Reh, der Beitrag privater Geldgeber und Mäzene sei bei weitem zu gering, um dieser Zielsetzung signifikant näher zu kommen, waren sich die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Club Research" in Wien einig.

Vor allem was die Lukrierung von privaten Geldern für die Grundlagenforschung betrifft, gebe es in Österreich kaum vorzeigbare Beispiele. Den wahrscheinlich größten Erfolg auf diesem Gebiet kann das Institute of Science and Technology (IST) Austria vorweisen. Die im Vorjahr erfolgte Zehn-Millionen-Euro-Spende der Invicta Privatstiftung stelle aber bisher eine Ausnahme dar, wie der Managing Director des IST, Gerald Murauer, anmerkte. Für Murauer sei es ein erklärtes Ziel gewesen, von Anfang an professionell in die Einwerbung privater Fördermittel einzusteigen. "Es ist aber auch sehr viel Glück dabei, wenn es dann wirklich gelingt." Bisher konnte man am IST insgesamt 17 Mio. Euro an Spenden einnehmen.

Strukturen

Der Wirtschaftsforscher Andreas Schibany von Joanneum Research verwies auf die österreichischen Eigenheiten im Stiftungsrecht und auf den äußerst geringen Anteil gemeinnütziger heimischer Stiftungen. Schibany führte ins Treffen, dass forschende Unternehmen und somit der private Sektor in der Vergangenheit überproportional von den Steigerungen der staatlichen Aufwendungen für Forschungsförderung profitiert hätten. Es brauche nun aber deutlich mehr Anreize, um Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen Investitionen in Forschung schmackhafter zu machen.

Die private ZEIT-Stiftung schüttet in Deutschland jährlich etwa 20 bis 30 Mio. Euro für Wissenschaft und Kunst aus. Deren Präsident, Michael Göring, schätzt den Gesamtbetrag, der alljährlich in Deutschland aus gemeinnützigen Stiftungen tatsächlich in Forschung und Stipendien fließt, entgegen oftmals weit höher kolportierten Zahlen, auf etwa 800 Mio. Euro. Göring verweist darauf, dass große deutsche Stiftungen vor allem dort einspringen, wo staatliche Programme den Bedarf nicht abdecken. Als Beispiel nannte er die Geisteswissenschaften. Stiftungen sollten ihre Beiträge vor allem als "Seed Money" begreifen, kurzfristige Ergebnisorientierung solle hier nicht so sehr im Vordergrund stehen.

Bitte um Geduld

Auch Murauer plädierte dafür, dass in der Grundlagenforschung in langfristigen Zyklen gedacht werden müsse. Als Beispiel führte er das israelische Weizmann-Institut an, das erst etwa zwei Jahrzehnte nach seiner Gründung begonnen habe, schwarze Zahlen zu schreiben und heute eine der weltweit anerkanntesten Forschungsinstitutionen ist. "Dort steht nicht ständig jemand hinter den Forschern und fragt nach verwertbaren Ergebnissen", so der Murauer.

Für den Rektor der Universität für Bodenkultur, Martin Gerzabek, stellt nicht nur das Lukrieren von Spendengeldern für die Forschung ein Problem dar. Auch die finanzielle Ausstattung der Lehre sei problematisch, allerdings sei es hier noch einmal schwieriger, Sponsoren zu finden. Gerzabek strich positiv hervor, dass die Unis immer mehr zu projektbezogenen Partnern für Unternehmen werden würden. In diesem Bereich sei es immens wichtig, dass sich "langfristiges Vertrauen zwischen Forschern und Firmen entwickelt", was in weiterer Folge zu vermehrtem Kapitalfluss aus dem privaten Sektor führen könne.

Insgesamt orteten die Experten in Österreich eine fehlende Kultur des Mäzenatentums. Einigkeit auf dem Podium herrschte dahingehend, dass auch in Zukunft in erster Linie der Staat die Verantwortung zur Finanzierung von Grundlagenforschung tragen sollte, eine größere Bereitschaft zum Investment aus privatem Kapital aber unbedingt forciert werden müsse. (APA/red)