Makler Michael Pfeifer: "Ich verstehe nicht, wie man es sich als Firma leisten kann, mit Leuten zu arbeiten, die keine Ahnung davon haben. Ich könnte mir das nicht vorstellen."

Foto: Putschögl

Der Wiener Makler Michael Pfeifer, fünffacher IMMY-Preisträger und damit ein echter Vorzeige-Makler der Wiener Landesinnung (über sein Erfolgsgeheimnis, die "Wunderlampe", berichteten wir bereits), sprach mit Martin Putschögl über die neue "Immobiliencard", das Leben mit der Provisionskürzung, "schwarze Schafe" der Branche, und warum ihm die Politik oft das Leben schwermacht.

derStandard.at: Herr Pfeifer, Sie haben schon die Immobiliencard. Wie sind Ihre Erfahrungen damit?

Michael Pfeifer: Meiner Meinung nach stellt sie einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber jenen dar, die sie nicht haben. Das ist der erste Ausweis, mit dem ich beweisen kann, dass ich das, was ich tue, auch gelernt habe. Wenn Sie einen Führerschein haben, wird ja auch im Normalfall keiner anzweifeln, dass Sie Autofahren können. Die Immobiliencard deckt das Grundbedürfnis ab, dass die Leute die Sicherheit haben, dass der, der das macht, auch tun darf. Bei mir haben alle Mitarbeiter im operativen Bereich die Card, wir tragen sie auf allen Besichtigungsterminen, und auch wenn ich einen Kollegen in den Bundesländern besuche, stecke ich sie mir an.

derStandard.at: Was genau sagt die Card denn jetzt eigentlich aus?

Pfeifer: Die Immobiliencard sagt, dass ich als Angestellter bei einem Unternehmen beschäftigt bin, das die Maklerkonzession hat. Bei meinen Mitarbeitern hat außerdem jeder zumindest die Ausbildung zum Immobilienmaklerassistenten oder -berater, oder macht entweder gerade den Bachelor, den Master oder den Konzessionskurs. Bei mir machen gerade zwei Leute den Konzessionskurs, eine macht den Bachelor, eine den Master. Das heißt, wir haben alle eine Ausbildung, damit wir wissen, wovon wir reden.

derStandard.at: Lassen sich die "schwarzen Schafe" der Branche bekämpfen, wenn die Leute drauf schauen, dass der Makler, zu dem sie gehen, die Immobiliencard hat?

Pfeifer: Ich hoffe es. Eigentlich glaube ich es sogar. Wenn sich das Bewusstsein durchgesetzt hat. Ich würde beispielsweise nie einen Polizisten in mein Büro hereinlassen, der mir nicht seinen Dienstausweis zeigt. Würden Sie Ihren Fahrschein von jemandem kontrollieren lassen, der nur behauptet, Kontrollor zu sein? Da verlangen Sie doch auch einen Ausweis, oder?

derStandard.at: Ich denke schon. Ist noch nie vorgekommen, die echten Kontrollore zeigen ihre Ausweise ohnehin immer gleich her.

Pfeifer: Eben. Und bei uns ist es so: Wir gehen mit Milliardenwerten um, und da würde sich keiner was denken, wenn wir keinen Ausweis oder keine Ausbildung haben?
Mit den schwarzen Schafen ist das so ein Problem: Wo viel Geld ist, werden Sie die schwarzen Schafe nicht vertreiben können. Weil: Wo lassen sich sonst 1500 bis 2000 Euro mit einem einzigen Geschäft verdienen, wenn man nicht angemeldet ist und nichts versteuert?

derStandard.at: Da sind Sie jetzt aber der erste Makler, der das so offen sagt. Sonst heißt es nämlich immer: Für jede Wohnung braucht man im Durchschnitt 15 Termine, und wenn es mal einen schnelleren Abschluss gibt, dann finanziert der all die anderen mühsamen Termine quasi quer.

Pfeifer: Das kann ich für mich definitiv ausschließen. Wir haben zwar Objekte, für die man 15 bis 20 Termine benötigt, aber wir haben auch viele Objekte, für die wir nur zwei oder drei Termine brauchen. Wir wählen unsere Objekte schon im Vorfeld nämlich sehr genau aus. 70 Prozent unserer Arbeit liegt in der Vorbereitung, und dazu gehört auch, dem Verkäufer gegenüber zu argumentieren, dass der Preis, den er für seine Immobilie haben will, nicht der reale Preis ist. Wir weisen jeden Abgeber darauf hin, dass der Mietzins, den er verlangt, nicht gerechtfertigt ist. Wir bewerten die Wohnungen zuerst einmal, und sagen ihm dann, was er unserer Meinung nach dafür verlangen kann.
Natürlich findet man nach 30 Besichtigungen immer irgendeinen Deppen, der 200.000 oder 220.000 Euro für eine Wohnung zahlt, von der ich dem Abgeber gesagt habe, dass sie nur 170.000 wert ist.

derStandard.at: Ist das Geschäft leichter geworden durch die drohende Wohnungsknappheit in Wien?

Pfeifer: Es ist leichter geworden, Kunden oder Käufer bzw. Mieter zu finden. Aber es ist viel schwerer geworden, Objekte zu bekommen. Das gleicht sich also aus. Früher hat man uns die Objekte nachgeworfen, und wir haben keine Kunden dafür bekommen. Jetzt haben wir den genau gegenteiligen Effekt.
Ich war kürzlich in der Steiermark und in Kärnten, da haben sie in den Ballungsgebieten überall dieselben Probleme: Graz, Klagenfurt, Villach – die Kollegen dort kriegen keine Objekte, hätten aber genug Käufer oder Mieter. In Wien ist es aufgrund der größeren Flexibilität noch einmal ein bisschen schlimmer. Da haben wir im Moment viel zu viele Anfragen und zu wenig Objekte. Hier wäre eine Öffnung des Marktes in Richtung Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen für uns das Schönste. In Tirol dürfen Genossenschaftswohnungen beispielsweise schon von Maklern vermietet werden, in Wien nicht. Das wäre ein riesiges Feld für uns, das wir aber nicht bearbeiten dürfen. Warum, weiß ich nicht. Ich bin auch Wiener, ich täte das auch machen.

derStandard.at: Vor einem Jahr wurden die Maklerprovisionen gekürzt. Wie hat sich das bei Ihnen ausgewirkt?

Pfeifer: Wir haben heute mehr Arbeit und verdienen dasselbe wie vorher, weil wir das durch mehr Verträge kompensieren müssen. Anders geht's nicht.

derStandard.at: Sie müssen also auch den Mieten-Sektor querfinanzieren mit den Erträgen aus dem Eigentums-Sektor?

Pfeifer: Wir versuchen schon, dass wir den Mietbereich autark halten, wir schreiben hier eine schwarze Null. Aber es wird immer schwieriger.

derStandard.at: Können die Einbußen durch die steigenden Immobilienpreise in gewisser Weise kompensiert werden?

Pfeifer: Nein. Wir können das nur durch Vereinbarungen mit den Vermietern kompensieren, indem wir ihnen sagen: Seht her, das geht sich nicht aus. Ihr wisst, wir sind die Besten, ihr müsst uns eine Monatsmiete zahlen.

derStandard.at: Das ist ja eigentlich genau das, wo die Branche hin will: zur Vermieter-Provision.

Pfeifer: Wenn beide Provision zahlten, wäre das ein wunderschönes Erlebnis. Aber das spielt's in der Realität nicht. Einem Eigentümer mit 20 Zinshäusern können Sie hundertmal erzählen, dass Ihre Mieter die längste Verweildauer haben, dass das die angenehmsten sind usw. Der sagt: Okay, das kriege ich von den anderen aber auch. Der, der das Objekt hat, hat die Macht und das Geld. Manchmal gibt's natürlich Eigentümer, die das einsehen und die Vermieter-Provision zahlen. Nur beißen wir auch oft auf Granit.
Die Vermieter haben derzeit auch den großen Vorteil, dass es einen Vermieter- und keinen Mieter-Markt gibt, weil zu wenige Objekte verfügbar sind. Im Moment ist es also genau die falsche Situation, um hier Druck zu machen. Und wenn man bedenkt, dass die Zinssätze noch längere Zeit tief bleiben werden, wird die Flucht in Immobilien nicht aufhören.

derStandard.at: Wie ist das mit den befristeten Mietverträgen – sind die viel mehr geworden?

Pfeifer: Ja. Aus dem einfachen Grund, dass wir ein so starkes Mietrechtsgesetz (MRG) haben. Wenn man heute einen Mieter, der nicht mehr seine Miete zahlt, delogieren muss, hat man den oft noch 18 Monate am Hals.
Wir versuchen bei uns, keine Befristungen unter fünf Jahren zu haben. Am liebsten sind mir natürlich die unbefristeten Verträge, da gibt es keine Abschläge. Durch die Abschläge bei befristeten Wohnungen (25 Prozent vom Mietzins, Anm.) sind natürlich auch die Provisionen gesunken. Das hat uns schon sehr, sehr weh getan. Ich habe einen Kollegen, der hatte heuer sogar ein bisschen mehr Abschlüsse als im letzten Jahr, aber um ein Drittel weniger Umsatz.

derStandard.at: Sind Sie sauer auf die Politik?

Pfeifer: Solche Querschüsse machen uns das Leben natürlich extrem schwer. So wie die Änderung der Gebührensätze bei der Grundbuchseintragung (von 1,0 auf 1,1 Prozent, Anm.), die zwischen Weihnachten und Neujahr umgesetzt wurde. Ich war über Silvester auf Urlaub, bin erst am 5. Jänner wieder im Büro gewesen und hatte die erste Besichtigung am 8. Jänner. Der ÖVI und die WKO hatten noch nicht einmal etwas ausgeschickt von der Änderung, da hat mir schon eine Kundin – die allerdings Juristin war – erzählt, dass es die Novelle gibt. Ich habe zu ihr gesagt: "Schauen Sie, machen wir Folgendes: Wenn Sie recht haben, ziehe ich Ihnen zehn Prozent von der Provision ab." Und deswegen habe ich dann zehn Prozent von der Provision verloren. Weil ich einfach zu spät informiert war.
Ich will jedoch auch nicht mit Radikalvorschlägen kommen, wie: Lasst die Immobilienmakler-Verordnung sterben. Das wäre Wahnsinn. Da gibt's dann nur noch Irre da draußen. Aber es muss definitiv etwas passieren, weil sonst wird's uns über kurz oder lang nicht mehr geben. Ich höre sehr oft von Kollegen, die das Mietengeschäft völlig bleiben lassen. Aber was passiert denn dann? "Wenn die Guten nicht kämpfen, werden die Schlechten siegen" – das kommt von Plato. Und das ist der einzige Grund, warum ich kämpfe. Das ist die einzige Chance, die schwarzen Schafe wegzubekommen.

derStandard.at: Wird Ihnen die Immobiliencard dabei helfen?

Pfeifer: Ich denke schon. Die Immo-Card ist das erste Mal, dass ich wirklich sagen kann: "Okay, wenn ihr das seht, dann könnt ihr dem auch das glauben, was er erzählt."
Sinnvoll wäre aber auch eine Verschärfung der Standesregeln. Wer keine Konzession hat oder seine Mitarbeiter als Unwissende auf die Straße schickt, sollte die komplette Provision verlieren. Ich verstehe nicht, wie man es sich als Firma leisten kann, mit Leuten zu arbeiten, die keine Ahnung davon haben. Ich könnte mir das nicht vorstellen.
Es gibt Sachen hier im Büro, die nur ich entscheiden kann. Eine A-meta-Vereinbarung beispielsweise, wenn ich mit einem Kollegen ein Geschäft mache (Anm.: Einer bringt den Kunden, der andere hat das Objekt, die Provision wird geteilt). Erst unlängst habe ich eine Anfrage von einer Firma bekommen, die keine Gewerbekonzession hatte. Und da denke ich mir: Wenn ich schon so blöd bin und makle, ohne dass ich eine Konzession habe, dann schicke ich doch den Kollegen nicht auch noch das A-meta-Angebot, weil da muss ich doch davon ausgehen, dass der das prüft?

derStandard.at: Was haben Sie in diesem Fall gemacht?

Pfeifer: Das haben wir natürlich gemeldet. Das war schon schräg. Oder: Kundentermine, um eine Wohnung aufzunehmen. Und die ersten Termine, die sie haben, sind angehende Makler – ich sage jetzt bewusst nicht Kollegen -, die sich die Wohnung anschauen und meinen: Wir haben soundsoviele Kunden, wollen Sie uns nicht einen Auftrag erteilen?
Das ist alles in der letzten Zeit jetzt passiert. Und da verstehe ich, wenn das Image der Makler im Keller ist. Aber dass ich mich da mit Händen und Füßen dagegen wehre, das müssen auch alle anderen verstehen.
Ich glaube nicht, dass es extrem viele „schwarze Schafe" sind. Aber die wenigen bringen das Image um. Und so etwas geht irrsinnig schnell.

derStandard.at: Kommt es regelmäßig vor, dass bei Besichtigungsterminen plötzlich andere Makler auftauchen?

Pfeifer: Regelmäßig nicht. Das sind schon extreme Sonderfälle. Und da sage ich ganz ehrlich: Mit diesen Firmen will ich nicht zusammenarbeiten.

derStandard.at: Wieviele Makler haben Sie, mit denen Sie bundesweit kooperieren?

Pfeifer: Ich schaue immer, dass ich in den Ballungszentren ein, zwei habe, mit denen ich zusammenarbeiten kann. In Oberösterreich habe ich beispielsweise jemanden in Linz, Wels und Steyr, in Kärnten in Klagenfurt und Spittal/Drau. Und wenn der Kollege in Spittal eine Kundin hat, die ihre Wohnung in Wien verkaufen will, dann ruft mich der auch an und ich übernehme dann für ihn die Besichtigungen. Das System funktioniert ganz gut.
Grundsätzlich kann man sagen: Je teurer eine Wohnung, desto einfacher sind die Kunden. Desto leichter kann man den Leuten argumentativ klarmachen, warum sie das kostet. Ich finde es auch nicht fair, wenn ich bei einer 300-Euro-Wohnung 600 Euro an Provision nehme und dafür nicht viel Gegenleistung bringe. Aber bei einer 2000-Euro-Wohnung haben sich die Kunden noch nie beschwert. Ob die 4000 oder 6000 Euro an Provision zahlen, ist ihnen meistens egal. Die erwarten sich einfach, dass alles so funktioniert, wie sie es sich vorstellen. (Martin Putschögl/derStandard.at 7.10.2011)