Auch als Journalist hat man das Recht, manchmal seine Meinung zu ändern. Seit Jahren habe ich gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer geschrieben, und bin noch heute skeptisch.

Aber einige Argumente der Befürworter haben mich inzwischen überzeugt – genau gesagt zwei.

Die FTS wird nicht die Spekulation eindämmen, und das ist auch gut so. Denn das gezielte Wetten auf steigende und fallende Kurse verursacht keine Schäden sondern generiert wichtige Informationen über die Stimmungen in den Märkten und hilft sogar, größere Schwankungen rasch auszugleichen.

Aber etwas anderes ist der reine Computerhandel, der immer mehr um sich greift. Hier werden mit gewaltigen Handelsvolumina die Märkte bewusst in bestimmte Richtungen gelenkt, an denen die Computerbetreiber dann verdienen. Das ist eine moderne Form der Marktmanipulation, die nicht nur unfair ist, sondern auch destabilisierend. Dieses Geschäft würde die Einführung einer FTS wohl verderben.

Insgesamt würde durch eine solche Steuer der Eigenhandel der Banken schrumpfen – und das wäre auch gut. Denn dies ist - Argument Nummer zwei für eine FTS - eine volkswirtschaftlich wertlose Tätigkeit, die bloß viel menschliches Können und Wissen bindet, das anderswo besser eingesetzt wäre.

Und wenn Banken nicht mehr so viel damit beschäftigt wären, durch riskante Handelsgeschäfte ihr Geld zu verdienen, würden sie sich vielleicht wieder mehr sinnvollen Tätigkeiten wie einer überlegten Kreditvergabe zuwenden.

Hätte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch die EU-Pläne für eine FTS unter dieser Prämisse verkauft, dann hätte man ihm zustimmen können. Aber Barroso versprach den EU-Parlamentariern und -Bürgern vor allem 55 Milliarden Euro in zusätzlichen Steuereinnahmen aus dem Bankensektor. Und das ist ein leeres, ja sogar verlogenes Versprechen.

Denn wenn die FTS ihren Zweck erfüllt, dann wird sie zu einem dramatischen Rückgang genau jener Tätigkeiten führen, die besteuert werden sollen.

Ein Teil des Handelsvolumens würde in andere, nicht besteuerte Märkte abwandern – nach New York, Singapur, oder Hongkong. So sehr sich die EU-Staaten auch bemühen werden, dies zu verhindern, so wenig wird es ihnen gelingen. Dafür ist die steueroptimierende Verlagerung technisch und rechtlich zu einfach.

Ein anderer Teil des Handels wird einfach nicht mehr existieren – also genau das, was man sich von der FTS wünscht. Aber auch das wird dem Fiskus nichts bringen.

Nur jene Transaktionen, die nicht ganz kurzfristig motiviert sind, werden sich besteuern lassen. Das sind sicher einige Milliarden, aber viel weniger als es derzeit scheint.

Und weil die Banken einen lukrativen Teil ihres Geschäftes verlieren werden, werden sie auch insgesamt weniger Steuern bezahlen. Insgesamt, so hat die EU-Kommission insgeheim ausgerechnet, dürften die Steuereinnahmen aus dem Finanzsektor sinken statt steigen.

Dadurch wird die gesamte Volkswirtschaft einen Dämpfer erleiden; wie groß der sein wird, ist allerdings umstritten.

Das spricht noch nicht grundsätzlich gegen die FTS. Wir schalten auch Atomkraftwerke ab, obwohl dies die Volkswirtschaften schwer belastet, um Gefahrenquellen auszuschalten. Lenkungsmaßnahmen kosten kurzfristig Geld und bringen langfristig dennoch Vorteile.

Aber den Bürgern vorzugaukeln, dass es Gutes tun und gleichzeitig Milliarden bringen wird, wie es Barroso, Nicolas Sarkozy und Werner Faymann tun, das ist unseriös und untergräbt die Glaubwürdigkeit der Politik.