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Undank statt Anerkennung, Hohn statt Ehrerbietung

Foto: AP/Andrew Medichini

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Silvio Berlusconi will nicht wahrhaben, dass das italienische Volk genug von ihm hat – diesmal wohl endgültig. 

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Silvio Berlusconi wird 75 Jahre alt. Noch klammert er sich an die Macht, doch ein glanzloses Ende ist unvermeidlich.

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Es war im Mai 2001, als sich Silvio Berlusconi kurz vor der Wahl im Fernsehen präsentierte. Er sei gekommen, um einen "Vertrag mit dem italienischen Volk" abzuschließen, verkündete der "Cavaliere" dem ergebenen Moderator. Innerhalb von fünf Jahren, so versprach der Politiker und Medientycoon vollmundig, werde er die Steuern kräftig senken, die Zahl der Arbeitslosen halbieren, die Bürger wirksam vor Kriminalität schützen, die Mindestpensionen erhöhen und zahlreiche öffentliche Großbauten verwirklichen. "Sollte ich nicht mindestens vier dieser fünf Versprechen realisieren, werde ich nicht mehr kandidieren" , verkündete der Premier, während er im Scheinwerferlicht der Kameras seine Unterschrift unter den Vertrag setzte.

Umgesetzt hat er weder die damaligen Versprechen noch die unzähligen Ankündigungen, die ihnen folgten. Er ist dennoch wieder angetreten - und wurde auch wieder gewählt. Fast zwei Jahrzehnte nach seinem Einstieg in die Politik scheint die Anziehungskraft des selbstverliebten Populisten endgültig gebrochen. Nur die Unbeirrbaren glauben, dass der Cavaliere bis 2013 durchhalten kann.

Der von unzähligen Skandalen und Affären gebeutelte Premier ("Ich bin der beste Regierungschef in der Geschichte Italiens" ) hat das Land wirtschaftlich, moralisch und politisch zu einem Tiefpunkt geführt. Statt der versprochenen "liberalen Revolution" muss er eine desaströse Bilanz vorlegen: Das mit fast 2000 Milliarden Euro verschuldete Land steuert auf ein Nullwachstum zu, das Pro-Kopf-Einkommen ist am Stand von 1999, fast ein Drittel der Jugendlichen ist arbeitslos, acht Millionen Familien steuern auf die Armutsgrenze zu.

Während die Bürger unter zwei Sparpaketen stöhnen, gefällt sich der alternde Playboy in peinlichen Macho-Attitüden und preist öffentlich seine Potenz. Es war eben dieses Laster, der Hang zu jungen Frauen, das seine Frau Veronica Lario dazu veranlasste, die Scheidung einzureichen: "Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der mit Minderjährigen verkehrt." Die von Lario beklagten "schamlosen Spiele zum Vergnügen des Imperators" füllen immer noch die italienischen Zeitungen.

Zu seinem 75. Geburtstag steht der unter politischen und sexuellen Obsessionen leidende "bad boy of Italian politics" (so tituliert ihn der Playboy) freilich eher einsam da. Von Industriellenverband und Bischofskonferenz gerüffelt, von Opposition und den großen Zeitungen des Landes zum Rücktritt aufgefordert, versucht der Premier, Normalität vorzutäuschen, wo längst Ausnahmezustand herrscht. Die Wahrnehmung der Realität war noch nie seine Stärke.

Damit das Thema Sex und Politik auch nach Berlusconis demnächst zu erwartendem Abgang nicht zu kurz kommt, kündigte Ilona Staller, alias Cicciolina, ihr Polit-Comeback an: Die 60-jährige ehemalige Pornodarstellerin, die von 1987 bis 1992 im Parlament saß und dafür seitdem eine Pension von 3000 Euro monatlich bezieht, will in Monza Bürgermeisterin werden. (Gerhard Mumelter aus Rom /DER STANDARD, Printausgabe, 29.9.2011)