Porträt von "Angelo Soliman" - welchen Namen ihm seine Familie gab, werden wir nie erfahren.

Foto: Wien Museum

Wien - Verkaufter Kindersklave, geachteter Kammerdiener, intellektueller Freimaurer und ausgestopftes "Kuriosum": Das Wien Museum widmet der Biografie des Afrikaners Angelo Soliman, der ab Mitte des 18. Jahrhunderts im höfischen Wien zur Stadtbekanntheit wurde, eine umfangreiche, rund 250 Objekte umfassende Ausstellung. Außerdem beleuchtet die Schau ab Donnerstag nicht nur damals vorherrschende europäische Klischees über den "schwarzen Kontinent" und seine Bewohner, sondern zudem die Fortschreibung von Stereotypen bis in die Gegenwart.

Lebendes Statussymbol

Im Zentrum der in Kapitel gegliederten Ausstellung steht Solimans Leben und das historische Umfeld seiner Zeit. Um 1721 in Afrika - vermutlich im Gebiet des heutigen Nigeria - geboren, wurde Soliman (sein eigener Name ist nicht mehr bekannt) als Kindersklave nach Sizilien verkauft und kam zunächst in den Dienst von Feldmarschall Lobkowitz. Ab 1753 lebte Soliman in Wien, wo er im Hofstaat der Fürsten Liechtenstein als Kammerdiener und Kindererzieher tätig war, gleichzeitig aber auch - wie zu dieser Zeit üblich - als exotisches "Prunkstück" für höfische Repräsentation herhalten musste.

Das Wien Museum begnügt sich diesbezüglich nicht nur mit einer reinen Dokumentenzusammenstellung. So finden sich neben malerischen Porträts und Notizen Solimans, Rechnungsbelegen oder Totenschein und -maske darüber hinaus zahlreiche Objekte, die das historische Umfeld und den damaligen Rassismus aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.

Atlanten, Kupferstiche, dekorative Skulpturen, Fesselwerkzeug, ein Ornament eines Sklavenschiffs und das Originalgeschäftszeichen der Wiener Apotheke "Zum Schwarzen Mohren" aus 1675 geben nicht nur einen Eindruck über das einstige Afrikabild. Sie fungieren zudem als illustrative Elemente hinsichtlich der Geschichte des Sklavenhandels, der Rolle dunkelhäutiger Menschen in Mitteleuropa und der Präsenz derselben im damaligen Wiener Stadtbild - Themen, denen die Schau ebenfalls viel Raum gibt.

Zwischen Emanzipation und Zwangsassimilation

Was Soliman betrifft, sei dessen Vita immer auch von einem Ringen um Autonomie geprägt gewesen, gab der Historiker und Kurator Philipp Blom zu bedenken. So heiratete er gegen den Willen seines Herrn, kaufte sich ein Haus und verkehrte als Freimaurer etwa mit Mozart und bedeutenden Wissenschaftern seiner Zeit.

Angesichts dieser zwischen Emanzipation und Zwangsassimilation changierenden, aber jedenfalls beachtlichen Karriere nahm die Geschichte Solimans nach dessen Tod 1795 die letzte tragische Wendung. Solimans Leiche wurde geschändet, sein Körper als halbnackter "Wilder" für das kaiserlich-königliche Naturalienmuseum präpariert und präsentiert. Einseitige Abhandlungen, welche den Weg Solimans als Beispiel geglückter Zivilisationsfähigkeit zum gebildeten, gottesfürchtigen "Neger" interpretierte, nährten die fortschreitende Legendenbildung über den einstigen "Hofmohren".

Rassistisches Erbe

Gegen Ende der Ausstellung, die den Untertitel "Ein Afrikaner in Wien" trägt, werden Stereotypen vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart reflektiert. Das Spektrum reicht von Afrikaner verkörpernden Schaustellern im Prater um 1900 über Kinoplakate und Werbesujets - angefangen vom Meinl-Mohr bis zur "I will mohr"-Kampagne von Eskimo - bis hin zur aktuellen Medienberichterstattung über Asylwerber und Antirassismuskampagnen.

Die Soliman-Schau im Wien-Museum läuft bis zum 29. Jänner 2012. Neben einem rund 250-seitigen Katalog wird ein durchaus ambitioniertes Begleitprogramm geboten, das Diskussionen und Lesungen ebenso umfasst wie Stadtexpeditionen und ein Kinderprogramm. (APA/red)