Brüssel/Wien - Geht es nach EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, dürfen Wirtschaftsprüfer künftig nicht auch zugleich als Berater tätig sein. Nach dem Willen der Kommission sollen Konzerne mit einer Bilanz von mehr als einer Mrd. Euro dazu gezwungen werden, zwei Prüfer für eine gemeinsame Wirtschaftsprüfung zu engagieren. Mindestens einer soll dabei von einem kleineren Unternehmen kommen, das nicht zu den vier Marktführern gehört.

Schließlich soll es den Wirtschaftsprüfern untersagt werden, mehr als neun Jahre bei einem großen Unternehmen zu arbeiten. Manche große, multinationalen Konzerne beschäftigen seit über 100 Jahren dieselbe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, schrieb die Financial Times Deutschland , der der Gesetzesentwurf vorliegt.

Thomas Kroiss von der Wirtschaftsprüfkanzlei Moore Stephens Austria kann den Vorschlägen Barniers durchaus etwas abgewinnen: Dadurch kämen auch kleine und mittlere Kanzleien an Prüfmandate, bei denen diese bisher chancenlos waren. "Das Modell der zwei Prüfer gibt es bereits in Frankreich, aber auch in Österreich ist es vereinzelt Realität, etwa bei der Nationalbank", sagte Kroiss zum Standard. Und was die Trennung von Prüf- und Beratungsgeschäft anbelangt, so gebe es bereits Ausschließungsgründe. In der Praxis käme es auf das Augenmaß an. Als einen kritischen Sachverhalt wertet Kroiss den Umstand, wenn eine Kanzlei bei einem Klienten ein Vielfaches des Umsatzes mit Beratung statt mit der Prüfung mache. Das klassische Geschäft mit der Bilanzprüfung stagniert seit Jahren. Beratungsleistungen sind dagegen vermehrt gefragt und werfen auch höhere Gewinne ab. (cr, DER STANDARD, Printausgabe, 28.9.2011)